Hilmar Bender - Violent Evolution: Die Geschichte von KREATOR

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Umfang: 224 Seiten (Hardcover)
Verlag/VÖ: UBooks Verlag (14.03.2011)
ISBN 978-3-86608-144-4


KREATOR sind zusammen mit SODOM und DESTRUCTION die wohl bekannteste Thrash Metal-Band Deutschlands. Das Essener Urgestein steht nach einer Durststrecke in den Neunzigern spätestens seit "Enemy Of God" (2003) wieder in voller Blüte, hat vorher mit "Violent Revolution" und zuletzt mit "Hordes Of Chaos" gnadenlos gute Thrash-Kracher veröffentlicht, sich zu mehreren Tourneen aufgemacht und auf allen wichtigen und großen Festival wie dem Wacken Open Air gespielt. Hilmar Bender legt mit "Violent Evolution" nun den ersten biographischen Abriss über die Karriere von KREATOR vor.

Bender, selbst ein Kind des Ruhrgebiets und Beobachter der Metalszene in den achtziger Jahren, ist bereits als Biograph einer Band in Erscheinung getreten: Für sein Buch "Die Schönheit der Chance – Tage mit Tomte auf Tour" war der gebürtige Duisburger drei Jahre mit TOMTE unterwegs. Hardcore-Metaller werden beim Namen der Indierocker vielleicht ausspucken, doch sei's drum: Erfahrung als Texter und eine Nähe zur Szene kann man Bender keinesfalls absprechen. Für das 224-seitige Buch "Violent Evolution" also hat der Autor mit den Mitgliedern von KREATOR und denen, die es mal waren, Freunden, Bekannten, Manager, Plattenfirmen-Boss und allerhand anderen Personen gesprochen, um die Geschichte der Band zusammenzufassen. Dabei legt Bender sein Augenmerk vor allem auf den Beginn der ungestümen Bandentwicklung in den achtziger Jahren und das erfolgreiche Comeback mit "Violent Revolution" in den 2000ern. Die neunziger Jahre, vor allem die schwierige Phase um "Endorama", wird leider nur gestreift.

Musiker und Bandkollegen haben einiges zu erzählen (Mille hält sich allerdings sehr im Hintergrund), unterhalten mit vielen Anekdoten und legendären Sprüchen und lassen eine Ahnung davon aufkommen, wie das Ruhrgebiet noch vor 25 Jahren aussah. "Violent Evolution" ist eine Geschichte über musikliebende Jugendliche, die nicht für den Rest ihres Lebens in der Zeche und unter Tage arbeiten wollen, sondern ernsthafte Perspektiven suchen und dabei trotz eines von Anfang an erfolgreichen Weges mit frühen US-Tourneen oft gerade mal so über die Runden kommen. Die Zitate der Musiker und Kollegen sind dabei originalgetreu aufgefangen und frei nach Schnauze dokumentiert worden, was dem Buch eine immense Ruhrpott-Charakteristik beschert. Dabei wird auch kein Blatt vor den Mund genommen. Drakkar-Chef und ex-Manager Boggi Kopec gibt ehrlich zu, dass vor vielen Jahren Millionen Mark für unnütze Dinge auf Tour verpulvert wurden und schüttelt dabei lachend den Kopf. Mille hingegen ereifert sich über das fehlgeleitete Konzept des Films "Thrash Altenessen", der Regisseur verteidigt sein Werk. Die ehrlichen Statements machen das Buch lesenswert, noch interessanter wäre es an manchen Stellen aber gewesen, direkte Reaktionen oder Diskussionen statt einzelner Stimmen zu dokumentieren.

Ein kleiner Bildteil in der Mitte des Buches sorgt mit kultigen Bildern für optische Abwechslung, die letzten Seiten umfasst eine ausdrücklich nicht auf Vollständigkeit pochende Auflistung aller KREATOR-Konzertdaten bis Ende 2010, die für künftige Auflagen erweitert werden soll. Der Grundtenor von Hilmar Bender liegt stark auf der Entwicklung und dem Umfeld der Band, nicht so sehr auf der musikalischen Seite bzw. der musikalische Entwicklung, die gerne noch ausführlicher hätte beleuchtet werden können. Zur musikalischen AUsrichtung einzelner Alben erfährt man erst sehr spät etwas, im Falle von "Hordes Of Chaos" sogar recht ausführlich. Formell kommt man manchmal durcheinander, weil nicht genau auseinander zu halten ist, wer denn jetzt gerade zitiert wird und die Biographie nicht immer chronologisch und wohlgeordnet erscheint.

KREATOR-Fans werden "Violent Evolution" trotz dieser kleinen Schönheitsfehler sehr zu schätzen wissen, da die Biographie die Geschichte und Entwicklung der Band knapp und präzise umreißt, gut und locker geschrieben wurde und demnach sehr flüssig und schnell zu lesen ist.