Geschrieben von Nadine Mittwoch, 16 November 2011 20:16
Alex Gräbeldinger – Bald ist Weltuntergang, bitte weitersagen!: Anleitung zur Selbstdemontage
Stil (Umfang): Kolumnen / Biografie (180 Seiten)
Verlag (VÖ): Kopfnuss Verlag (22.09.11)
ISBN: 978-3-9812772-2-7
Alex Gräbeldinger Homepage
Eigentlich folgt jetzt eine Doppelrezension, denn bei „Bald ist Weltuntergang, bitte weitersagen!: Anleitung zur Selbstdemontage" handelt es sich um den Nachfolger zu des Autors Vorwerk „Ein bekotztes Feinrippunterhemd ist der Dresscode zu meinem Lebensgefühl". Und bei beiden Werken handelt es sich um die Zusammenfassung der Kolumnen für die Zeitschrift OX! von Alex Gräbeldinger. Ich ging relativ erwartungslos an die Bücher ran und Anlass war die Veröffentlichung der zweiten Kolumnenfassung. Und um es vorweg zu nehmen...die Titel finde ich nicht lustig und das Cover erinnert mich an den Ulkbär von www.couchkartoffelsalat.de und ich ging mit niedrigen Erwartungen an die Lektüre. Aber ich war mehr als angenehm überrascht über die „Punkerbiografie" und die Reihenfolge „Punk, Opfer, Philosoph, Wahnsinniger, Vollidiot" ist treffend. Ein schöner Einblick in die Generation Punk.
Alex Gräbeldinger ehemaliger Schlagzeuger der Band KARATE DISCO, ist Anfang dreißig und wohnt in Andernach, bis hierhin nichts besonderes. Aber: Bei einem Persönlichkeitstest im Internet hatte er folgendes Ergebnis : „...Harmoniebedürftiger Idealist..,zeichnet sich durch eine komplexe Persönlichkeit und ein reichhaltiges Innenleben aus...". Im Hinblick auf eine Autorenpersönlichkeit ist das schon um einiges vielversprechender und wäre eine Erklärung für diverse Irrenhausaufenthalte und die Ursache dafür könnte der übermäßige Konsum von Drogen jeglicher Art sein.
Zum Thema „Ich war/ bin total schräg drauf oder kenne jemand der war/ist total schräg drauf und erzähl euch mal was davon" habe ich schon einiges gelesen. Wir hätten da DORFPUNKS von Rocko Schamoni, HARTMUT UND ICH von Oliver Uschmann oder auch MEIN GROSSER BRUDER von Sven Regener . Aber Alex Gräbeldinger übertrifft einiges davon. Mal ehrlich jeder kennt so einen Typ, den man nicht so ganz für zurechnungsfähig hält, der das Schicksal immer herausfordert und mit dem man immer seltsame Erlebnisse hat, die einem sonst eigentlich nicht wiederfahren. Alex Gräbeldinger ist so ein Typ, das Beste an ihm ist aber, dass er auch noch in der Lage ist die Dinge aufzuschreiben und den Wahnwitz und die Situationskomik wirklich anschaulich transportieren kann. Generell kann ich am meisten über Geschichten lachen, die das Leben schreibt. Das sind bekanntlich die besten Geschichten und man braucht eigentlich nur einige Leute in seinem Umfeld, die die Augen offen halten und skurile Begebenheiten auch erkennen können. So wurde schon aus mancher Familienfeier eine tränenreiche Lachorgie und so manche Peinlichkeit einfach weggelacht. Nach dem Motto „Ist der Ruf erst ruiniert, dann lebt es sich völlig ungeniert".
Alex Gräbeldinger erzählt Anekdoten aus seinem Punkerleben in mehr oder weniger chronologischer Reihenfolge aber größtenteils nicht in direktem Bezug. Die einzige Konstante, die sich durch die Bücher zieht ist die Persönlichkeit von Alex Gräbeldinger. Schonungslos ehrlich zeichnet er ein Bild von einem Punk, Chaoten, Künstler, Fettnäpfchenanzieher und vor allem von einem, der seine Umgebung genau beachtet und sich viele Gedanken um das Leben an und für sich macht...und irgendwie dann doch nur säuft und ab und zu Stippvisiten in der Psychiatrie macht. Dabei kommt der Witz manchmal von hinten um die Ecke und klopft einem vorsichtig auf die Schulter, also von platt kann keine Rede sein, obwohl die Themen nicht hochtrabend sind. Sie sind einfach so derbe ehrlich aus dem Leben und einiges, natürlich sage ich nicht was, ist mir schon selbst passiert...
Lobend erwähnt werden muss auch die hervorragende Illustration von Arne Kulff, die auch öfter für ein Schmunzeln sorgt. Ich will keinen besonderen Tag hervorheben, um nicht die Chance vorwegzunehmen, euch selbst in die Persönlichkeit des Alex Gräbeldinger einzulesen.
Wer jetzt wissen will wie ein „selbstgemachtes Seidentuch" und „nackt auf der Stelle joggen zu BLOC PARTY" mit den „Türkisch Powerboys" zusammenhängt, der besorgt sich am besten „„Ein bekotztes Feinrippunterhemd ist der Dresscode zu meinem Lebensgefühl" und „Bald ist Weltuntergang, bitte weitersagen!: Anleitung zur Selbstdemontage"
Und für die, die noch nicht interessiert sind- es gibt sogar ein Daumenkino im Buch! Hatte ganz vergessen, wie viel Spaß das macht!