Da ich so gut wie keine Ahnung von der Bandgeschichte SUBWAY TO SALLYs hatte, war ich perfekt geeignet, diese Biografie zu besprechen. Die Band informiert uns wirklich ganz von Anfang an – es geht also nicht los mit dem ersten Auftritt als SUBWAY TO SALLY, sondern mit den musikalischen Ersterfahrungen einiger Mitglieder. Das finde ich spannend und wichtig, prägt dies doch die Musiker und somit auch SUBWAY TO SALLY nachhaltig.
Überrascht bin ich über die Erwähnung der INCHTABOKATABLES, diese Band ist mir noch von damals bekannt und schon allein wegen des lustigen Namens in Erinnerung geblieben. Dass es zwischen den INCHTABOKATABLES und SUBWAY TO SALLY eine direkte Konkurrenz gab, wusste ich nicht. Dokumentiert wird nicht ausschließlich durch Erzählungen, sondern auch durch zahlreiche Fotos, Originaldokumente, Originalnotationen, Abdrucke von Tourtagebüchern, Gästebucheinträge und Zeitungsausschnitte. Da muss aber einer schon den Riecher gehabt haben, dass das mal richtig was wird mit SUBWAY TO SALLY. Skurrile Fundstücke wurden hier ausgegraben und interessante Details über den Ursprung der Songs werden preisgegeben. Der Albumtitel zu "Foppt den Dämon" entstand im alten Substage Karlsruhe, da ein solcher "angeblich" durch die Räume spukte und der Band die drei magischen Worte zuflüsterte. Komplett befreit von Eitelkeiten scheuen sich SUBWAY TO SALLY auch nicht, peinliche Fehltritte (Stichwort Silvester) in ihrem Buch anzusprechen.
Lustig zu sehen, was man früher so als Bühnenoutfit durchgehen ließ und wie die Band sich weiterentwickelt hat. Nicht nur ein Stück Bandgeschichte, auch ein Stück Zeitgeschichte wird somit durch die Biografie festgehalten. Leider war der Osten Deutschlands nie vorgeschriebener Unterrichtsinhalt, so dass man auf Erzählungen entsprechender Zeitzeugen angewiesen ist. Langsam, durch Wille und stetige Arbeit, haben sich SUBWAY TO SALLY ihren Platz in der Musikgeschichte erarbeitet. Allerdings hatten Bands früher auch noch das Glück, dass Plattenfirmen bereit waren zu investieren und mit den Truppen gemeinsam zu wachsen. So konnten sich SUBWAY TO SALLY noch entsprechend ausprobieren und sich auch die Seltsamkeit leisten, mit Kühen zu kokettieren. Leseprobe gefällig?
Die Band hatte bereits einigermaßen verstreut in den fünf Stuhlreihen Platz genommen, als sich ein uns unbekannter schlanker und großer Enddreißiger mit der Bierflasche in der Hand auf den Platz neben Erik setzte. Der musterte den unbekannten Bier-Schnorrer und fragte kurzerhand provozierend: „Wer bist du so, und was machst du hier?", die Biervorräte waren schließlich begrenzt. Der Fremde nahm kurz die Bierflasche vom Mund und antwortete knapp: „Ich bin Tom Büscher, der A&R Manager der BMG – also dein Chef" und trank weiter. Erik war überrascht und wie vom Donner gerührt, fasste sich aber schnell wieder und meinte dann kurzerhand: „Na, wenn das so ist, dann prost wa."
Die Sprache ist relativ einfach gehalten, so dass das Buch flüssig und schnell zu lesen ist. Auffällig ist, dass SUBWAY TO SALLY an keinem Weggefährten ein schlechtes Haar lassen und die Möglichkeit nutzen, vielen indirekt zu danken. Es scheint ihnen bewusst zu sein, dass viele kleine Gesten und Helferlein zu ihrem heutigen Erfolg beigetragen haben. Das ist sehr angenehm.
Die Bandgeschichte von SUBWAY TO SALLY zeigt mal wieder, dass der Weg das Ziel ist. Auch wenn die Band mal an einer Art Casting teilgenommen hat (urkomisch die gewonnene Urkunde!), handelt es sich natürlich um eine Band, die sich die Karriere im ursprünglichen Sinne als Team und mit viel Beharrlichkeit erarbeitet hat. Der erste Auftritt in Wacken im Jahre 1997 begann natürlich nicht auf der Hauptbühne als Headliner. Im Gegenteil, die britische Pornoband ROCKBITCH, zurecht vergessen, war der Auslöser dafür, dass SUBWAY TO SALLY auf die Zeltbühne verlegt wurden.
Ganz anders als die Biografien von irgendwelchen musikalischen Sturzgeburten, die meinen, nach einem Jahr Aktivität ein Buch schreiben zu müssen, ist die Biografie von SUBWAY TO SALLY eine lesenswerte Geschichte einer richtigen Band. Teilweise schieben Bandmitglieder oder Weggefährten kleine Passagen aus ihrer ganz eigenen Sicht ein. Eine schöne Idee, die den Rückblick noch interessanter und facettenreicher macht.
Die 240 Seiten sind für Fans von SUBWAY TO SALLY unverzichtbar, aber auch generell für alle Musikfans spannend zu lesen. Zum Glück hörten SUBWAY TO SALLY nicht auf Willy Schwenken, der ihnen tatsächlich den Namen TRABBY TO SALLY vorschlug. Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass die Band doch noch mit einem ihrer Grundsätze bricht ("Nie wieder unkontrolliert Alkohol vor Konzerten" ist ein weiterer...) und irgendwann mal wieder ein Konzert an Silvester spielt.