"Ich bin mal eben wieder tot – wie ich lernte, mit Angst zu leben" - Hörbuch von Nicholas Müller

"Ich bin mal eben wieder tot – wie ich lernte, mit Angst zu leben" - Hörbuch von Nicholas Müller

Auch wenn "Ich bin mal eben wieder tot – wie ich lernte, mit Angst zu leben" von Nicholas Müller wie der direkte Gegenentwurf zu Hape Kerkelings "Ich bin dann mal weg" klingt, haben die beiden Geschichten doch etwas gemeinsam. Es geht um zwei Menschen, die zu sich selbst finden. Zwar auf unterschiedlichem Wege, aber letztendlich doch. Nicholas Müller, ehemaliger Sänger von JUPITER JONES und aktuell bei VON BRÜCKEN, erzählt offen und ehrlich von seiner Angst.

"Wir dachten, es bleibt immer so."

Dabei ist er gerade schonungslos genug, um wirklich einen Eindruck zu gewähren, und schonungslos genug, um die Schilderung nicht in ein falsches Licht zu rücken. Er fängt ganz vorne an, in der Kindheit, als man sich noch wünschte und irgendwie auch dachte: Das kann jetzt ewig so weitergehen. Tut es aber nicht. Tod holt ihn ein und erschafft eine Realität, die fernab von Gerechtigkeit und Lilalauneland stattfindet.

Kurz darauf packt ihn die Angst so schonungslos und so überraschend bei den Eiern, dass er gar nicht weiß, wie ihm geschieht, als er während der Beerdigung seiner Mutter zusammenbricht. Selbstredend bringt er dies mit dem Tod seiner Mutter zusammen, lernt im Laufe der Jahre, dass die Ursachen nicht nur vielfältiger sind, sondern auch tiefer sitzen. Bis dahin lebt er mit der Angst. Eine Angst, die ihm ständig suggeriert, sterben zu müssen und die körperlichen Symptome gleich mitliefert. Die Angst, die ihm viele gar nicht abkaufen, weil er doch so groß und stark ist.

Kraft schöpfen aus Schmerz

Natürlich sucht er Hilfe in entsprechenden Einrichtungen und manchmal besteht die Hilfe auch darin, dass man ihm gerade nicht helfen kann. Nicholas ist teilweise schon erleichtert, wenn es einfach nicht schlimmer wird. Reden, Malen, Verhaltenstherapie, Zuhören ... jeder Strohhalm wird ergriffen.

Natürlich skizziert er auch seine Erfolge, seinen musikalischen Werdegang. Die einzelnen Kapitel seiner Geschichten eröffnet er mit passenden Lyriczitaten und es wird ganz deutlich, dass seine Leidenschaft der Musik gilt und galt und ihn diese Ausdrucksform über Wasser hält. Auch bei diesem Thema beweist er Größe und lässt die Chance aus, mal so richtig über das Musikbusiness zu ätzen. Stattdessen ist er dankbar, dass er es vom Dorffest auf die großen Bühnen Deutschlands geschafft hat. Der Hit "Still", der gleichzeitig Höhepunkt und Ende von JUPITER JONES markiert, traf besonders deshalb direkt ins Herz, weil er ehrlich klang. Müller hat es also geschafft und aus Traurigkeit und Schmerz letztendlich Kraft geschaffen. Für ihn und viele andere.

Von Brücken aus Scheißjammertalhausen nach Dieweltistvollokheim

Das Kapitel JUPITER JONES wurde mittlerweile trotzdem für Nicholas Müller zu Seite gelegt, abschließen kann und will er damit sicher gar nicht. Nach einer von Müller selbst als Sabbatjahr bezeichneten Auszeit juckt es ihn aber zu sehr in den Fingern. Gemeinsam mit Tobias Schmitz gründet er VON BRÜCKEN, denn ohne Musik geht es einfach nicht für ihn. Auch Ehefrau und Tochter stärken ihn und langsam aber sicher kommt Müller aus seiner selbstgewählten Isolation zurück.

"Ich bin mal eben wieder tot – wie ich lernte, mit Angst zu leben" wird von Nicholas Müller selbst gelesen, seine sonore Stimme beruhigt und sein Sprechfluss nimmt sich Zeit und hetzt nicht durch die Geschichte. Betroffene können Kraft schöpfen, aus seiner Geschichte, aus seinem steinigen Weg. Nicht-Betroffene können trotzdem lernen, dass es manchmal nur einen Hauch braucht, um eine menschliche Seele aus dem Gleichgewicht zu bringen. Niemand ist davor gefeit und niemand muss sich dafür schämen.

Dauer: 8:29:49, verteilt auf 7 Disks


"People are fragile things, you should know by now. Be careful what you put them through."
(EDITORS aus dem Song "Munich")

Betroffene können rund um die Uhr unter der kostenfreien Telefonnummer 0800/111 0 111 oder 0800/111 0 222 116 123 anrufen und mit professionell ausgebildeten Menschen Ihre Sorgen, Ängste und Probleme teilen.