Rock Your Brain - Rockmusik und Philosophie in 13 Essays

Rock Your Brain - Rockmusik und Philosophie in 13 Essays

„Rock Your Brain“ ist mehr als nur ein Buchtitel: Es ist das Versprechen von Autor Dominik Feldmann, seine LeserInnen mit den großen Gedanken der Philosophie aufzuschlauen, ohne sie dafür in die Untiefen dröger Theorie zu führen.

Der Begriff Philosophie entstammt dem Griechischen und bedeutet soviel wie "Liebe zur Weisheit" oder "Streben nach Erkenntnis". Nietzsche, Aristoteles oder Wittgenstein zählen zu den bekanntesten Philosophen, deren Gedanken Feldmann in seinem Buch in Bezug zu den zentralen Themen gitarrenorientierter Musik setzt. Auf diese Weise werden das dionysische Element oder Strukturalismus und Dekonstruktion auch für philosophische Laien nachvollziehbar und gut verdaulich.

Philosophische Theorie trifft auf Rock-Lyrik

In nahezu allen 13 Essays stellt der Autor erst eine Theorie voran, um sie dann anhand von Beispielen aus dem Metal, Rock oder auch Hardcore / Punk zu veranschaulichen. Dafür findet er viele gute Passagen bei Bands wie KORN, MACHINE HEAD, MUFF POTTER oder CLAWFINGER und RAGE AGAINST THE MACHINE, die er mehrfach zitiert, weil sie in ihren Texten wesentliche Gedanken der Theorie bewusst oder unbewusst aufgreifen oder sogar zentral thematisieren. Anhand von Fußnoten und einer namentlichen Aufführung aller erwähnten Künstler im Anhang des Buches lassen sich die Herleitungen jederzeit selbst nachvollziehen oder anhand des Quellen- und Literaturverzeichnisses vertiefen.

Im Kapitel „Ausverkauf oder Authentizität“ geht es beispielsweise um Adorno und dessen Sicht auf das Verhältnis von Kunst und Kommerz. Auch ich habe mich schon mit der Idee des „Warencharakters“ von Musik und der Frage beschäftigt, ob Adorno beispielsweise SODOMs "Agent Orange“ als politischen Protest akzeptiert hätte – schließlich hielt er seinerzeit nichts von Unterhaltungsmusik als Träger politischer Botschaften. (Siehe dazu den Blogbeitrag "Adorno der Extrem-Metaller?")

Doch mit solch hypothetischen Fragen beschäftigt sich Dominik Feldmann kaum – vielmehr stützt er sich in seinen thematisch abgeschlossenen und unterhaltsam geschriebenen Essays auf eindeutige Belege in Liedtexten und Interviews mit den Künstlern und Bands selbst. Dabei geht es mal um Grenzüberschreitungen und Revolution, in einem anderen Kapitel um die Konstruktion des Geschlechts (mit interessanten Zitaten von LIFE OF AGONYs Mina Caputo und Tom Gabel von AGAINST ME!) oder um den viel zitierten Tod Gottes bzw. dessen Herleitung.

Komplexe Themen und Abzug in der B-Note

Wer sich im Metal- und Rockbereich zu Hause fühlt, philosophietheoretisch aber noch unbeleckt ist, für den kann „Rock Your Brain“ ein Türöffner in die Welt der Philosophie oder – eine Nummer größer – der erste Schritt zur eigenen Erkenntnissuche sein. Feldmann verstrickt seine Leser nur selten in die tieferen Schichten komplexer Herleitungen wie im Kapitel „How Do You Own Disorder“, in dem es um Fragen des Verstandes und Verstehens geht. Auch bei der verkürzten Betrachtung der foucaultschen Überlegungen zu Machtbeziehungen im Kapitel „I’m Just A Fucking Animal!“ wird die eine oder der andere aussteigen. Da bei solchen Themen selbst Philosophiestudenten bisweilen ihre liebe Mühe haben, sehe ich das jedoch nicht als größere Schwäche des Buches – eher als Motivator, sich tiefergehend mit mancher Theorie zu beschäftigen.

Ein paar Schönheitsfehler gibt es in puncto Rechtschreibung, zudem wirkt die Covergestaltung unvorteilhaft billig – leider steht das Buch damit in der Tradition der meisten literarischen Werke, die sich mit Heavy Music beschäftigen und kein professionelles Lektorat spendiert bekommen haben. Inhaltlich hält „Rock Your Brain“ jedoch, was der Titel verspricht und wird so manchen Horizont erweitern.

18,90 Euro, 204 Seiten, gebundene Ausgabe, ISBN-13: 978-3-927447-09-7

Über den Autor

Dominik Feldmann studierte Geschichte, Literaturwissenschaft und Soziologie an der Universität Augsburg und promovierte dort. Er ist leidenschaftlicher Gitarrenmusik-Fan, seit sich im Alter von acht Jahren "Schrei nach Liebe" von DIE ÄRZTE zum ersten Mal auf seinem Plattenteller drehte.

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