Gary Moore - Live At Montreux 2010 (DVD) Tipp

Gary Moore_-_Live_At_Montreux

Stil (Spielzeit): Hard Rock / Blues (116 Min) 
Label: Edel Germany GmbH (16.09.2011)
Bewertung: 10/10
 

Der 6. Februar 2011 war ein schwarzer Tag in der Musikwelt, denn GARY MOORE verstarb plötzlich und unerwartet an einem Herzinfarkt. Mit seinen Bluesalben, aber vor allem auch mit seinen Hard Rock-Scheiben und seinem Abstecher zu THIN LIZZY hat sich der schüchterne Ire für immer unsterblich gemacht und war für viele Musiker ein Vorbild – und für nicht weniger viele junge Musiker der Grund, die Gitarre in die Hand zu nehmen.

Nachdem Moore sich über viele Jahre schlichtweg geweigert hat, seine alten Hard Rock Klassiker – bis auf eine ganz kleine erlesene Anzahl – live zu spielen, hat es ihn 2010 doch noch einmal gepackt, und vor allem auf Festivals hatte er eine mit Klassikern und Highlights gespickte Setlist zusammen gepackt. Was alle Fans seiner frühen Karriere besonders gefreut haben dürfte, war die Ankündigung eines neuen, reinen Rockalbums. Dazu ist es leider nicht mehr gekommen, aber drei der Stücke, die für dieses Album geschrieben wurden, sind auf der DVD „Live In Montreux 2010" vertreten, die zugleich auch die letzte professionell aufgenommen Liveshow des Iren darstellt.

Los geht's mit „Over The Hills And Far Away", bei dem sich GARY MOORE noch etwas kurzatmig zeigt, was sich aber bei dem genialen „Thunder Rising" langsam einpendelt. Keyboarder / Gitarrist Neil Carter, der bereits auf der „Wild Frontier Tour" mit Gary Moore zusammen auf der Bühne stand, macht seine Sache genauso klasse wie damals, auch wenn er offensichtlich auch den einen Song braucht, um seine Stimme auf Touren zu bringen. Bassist Jonathan Noyce, der hauptamtlich eigentlich bei JETHRO TULL die Saiten zupft, ist ebenfalls in der Vergangenheit schon häufiger mit Gary Moore zu dessen Blueszeiten auf Tour gewesen und spielt seine Parts solide und unauffällig.

Nachdem die ersten beiden Songs vom „Wild Frontier" Album – zu denen sich später noch das geniale „Johnny Boy" gesellen wird – schon ordentlich zünden, ist mit „Military Man" („Run For Cover" - 1985) das nächste Highlight am Start. Gitarrentechnisch ist GARY MOORE eh über jeden Zweifel erhaben, und auch stimmlich sind er und Neil Carter, der für die Backing Vocals zuständig ist, jetzt voll auf der Höhe. Mit „Days Of Heroes", das mich am Anfang ein bisschen an „Black Rose" von THIN LIZZY erinnert, und dem ruhigen „Where Are You Now" baut GARY MOORE dann zwei neue Songs ein, die auf dem nächsten Album erscheinen sollten. Beides Hammersongs, die die Trauer der Fans über die Tatsache, dass es dazu nicht mehr kommt, nur vergrößern wird. Was wäre das für ein Album geworden, wenn die restlichen sieben oder acht Songs eine ähnliche Qualität aufgewiesen hätten?

„So Far Away / Empty Rooms" hat GARY MOORE gerne in Kombination gespielt, und so hält er es auch hier. „Empty Rooms" zeigt eindrucksvoll, wie gefühlvoll der Ire spielen kann.
„Oh Wild One" ist dann wieder eine neue Komposition, gespickt mit diesen Irischen Folk Elementen, die er gerne in seine Songs einbaute, um die Verbundenheit zu seiner Heimat zu bekunden. Das ist mit Sicherheit aus seiner Zusammenarbeit mit Phil Lynott übriggeblieben, der ebenfalls in Interviews und in Songs nie Müde wurde, von Irland zu schwärmen. Neil Carter kommt hier hinter seinen Keyboards hervor und spielt Rhythmus Gitarre, und ich muss unwillkürlich an den Song „All Messed Up" denken, bei dem sich die beiden auf den Touren Ende der Achtziger auch immer die Gitarrenfront geteilt haben.

Um ehrlich zu sein, läuft mir beim Ansehen der DVD permanent eine Gänsehaut über den Rücken, aber das megastarke „Blood Of Emeralds" vom 1989er und letzten Hard Rock Album „After The War" treibt einem wirklich fast die Tränen in die Augen. Und genau das ist es, was das emotionale Spiel von Gary Moore ausmacht: Mit seinem Instrument immer wieder solche Gefühle hervorzurufen.
Der mit Phil Lynott in Kooperation geschrieben Anti-Kriegs-Song „Out In The Fields" darf natürlich nicht fehlen. Der Song entwickelt eine unglaubliche Dynamik und tritt noch genauso in den Hintern wie Ende der Achtziger Jahre. Dass Gary hier bei den hohen Vocals ein bisschen schwächelt sei ihm verziehen, dafür ist das Gitarrensolo umso atemberaubender. 

Auf die folgenden „Still Got The Blues" und „Walking By Myself" hätte ich gut verzichten können, und dafür lieber „Run For Cover", „All Messed Up", „Victims Of The Future" oder „Friday On My Mind" gehört, aber so ist das eben: Bei einem Ausnahmekünstler wie GARY MOORE fehlen in der Setlist immer Songs. „Johnny Boy" spielt Gary dann ungewöhnlicher Weise auf der akustischen Gitarre, was verdammt klasse klingt. Und hier stellt er auch unter Beweis, dass er stimmlich doch voll auf der Höhe ist, denn der Song ist alles andere als einfach zu singen. Alles richtig macht er dann auch mit „Parisienne Walkways", das wie immer genial und gefühlvoll gespielt ist. In einem Interview habe ich einmal gelesen, dass Gary bei dem Solo in diesem Song immer ohne Ende variiert hat, und es live niemals zweimal identisch gespielt haben soll. In der Form, wie er es hier interpretiert, habe ich es auch noch nicht gehört, was die Aussage ja nur bestätigen würde.

Als Bonus wurden dann noch vier Songs aus der 1997er Session auf dem Montreux Festival auf die DVD gepackt. Ich hätte da zwar lieber ein ausgiebiges Interview und „Behind The Scene" Footage gehabt, aber mit den Songs kann ich natürlich auch gut leben, auch wenn „One Good Reason", „Oh Pretty Woman", „Still Got The Blues" und „Walking By Myself" mich nicht ansatzweise so begeistern wie die alten Klassiker.

Fazit: GARY MOORE ist schon immer einer meiner Helden gewesen, und die DVD „GARY MOORE – Live At Montreux 2010" ist ein wirklich schönes und gleichzeitig sehr trauriges, letztes Andenken an einen der begnadetsten Gitarristen der Rock und Blues Szene.
Immer und immer wieder musste sich GARY MOORE in Interviews rechtfertigen, warum er nicht mehr von seinen alten Stücken live spielt. 2010 hat er allen Fans den Gefallen getan, und wer ihn dabei auch live erleben konnte, weiß, wovon ich rede, wenn ich sage, dass er dabei ganz offensichtlich auch sehr viel Spaß hatte. Alle, die dieses Glück nicht hatten, sollten nicht zögern, sich diese DVD / Blu-Ray zuzulegen. Alle anderen werden sie sowieso kaufen.

Ich gebe 9,5 von 10 Punkten plus den halben Punkt zur Höchstnote für alle seine genialen Scheiben und Songs, die Musikgeschichte geschrieben haben. Neben der DVD „Gary Moore And Friends – A Tribute To Phil Lynott / Live in Dublin" ist „Live At Montreux 2010" bereits jetzt schon in die Liste meiner Lieblings-DVDs aufgestiegen.
Der Sound der DVD ist brillant, leider kommt das Live-Feeling nicht immer rüber, aber das hat bei den Montreux Aufzeichnungen ja fast schon Tradition. Da es keinerlei Schnickschnack auf der DVD gibt, ist die Menüführung mehr als übersichtlich. Song Selection, Soundformat, Bonus das war's. 

Tracklist:
Over The Hills And Far Away
Thunder Rising
Military Man
Days Of Heroes
Where Are You Now?
So Far Away / Empty Rooms
Oh Wild One
Blood Of Emerald
Out In The Fields
Still Got The Blues
Walking By Myself
Johnny Boy
Parisienne Walkways

Bonus Tracks vom Montreux Festival 1997 (bisher unveröffentlicht):
One Good Reason
Oh Pretty Woman
Still Got The Blues
Walking By Myself

Format: PAL
FSK: Ohne Altersbeschränkung
Studio: Edel Germany GmbH
Sound-Formate: DTS Surround Sound, Dolby Digital 5.1 (Blu-Ray: DTS-HD Master Audio, Dolby Digital 5.1, LPCM Stereo)
Running Time: 119 Minuten
Untertitel: Keine
Erscheinungstermin: 16. September 2011
Produktionsjahr: 2010
Veröffentlichungsdatum: 16.September 2011
Bildformat: 16:9
Dirk

Musik: Hard Rock, Heavy Metal, Power Metal, Blues

Bands: Thin Lizzy, Gary Moore, Dio, Savatage, Bloodbound, Y&T, Edguy, Iron Maiden, Judas Priest, W.A.S.P.

Aktueller Dauerrotierer: Herman Frank - The Devil Rides Out