Stil (Spielzeit): Prog Rock (ca. 164 Minuten)
Label/Vertrieb (VÖ): Eagle Rock/Edel (04.11.2011)
Bewertung: 8,5/10
www.rush.com
2010 bereiteten die kanadischen Prog-Götter RUSH ihren Fans reichlich Freude. Nicht nur wurde eine Tour angekündigt, bei der das legendäre „Moving Pictures“ Album am Stück gespielt werden sollte, bereits 2011 sollte das neue Album „Clockwork Angels“ erscheinen. Gut, das Album ist aktuell auf „irgendwann 2012“ verschoben worden, aber immerhin die Time Machine Tour fand statt und gastierte immerhin einen Tag auch im deutschsprachigen Raum. Der obligatorische Live-Mitschnitt fand dieses Mal erstmals überhaupt in den vereinigten Staaten statt. Als Hommage an die erste Stadt, in der ihre Songs im Radio gespielt wurden, zeichneten RUSH das Konzert am 15. April diesen Jahres in Cleeveland auf.
Dort spielte das Prog-Trio vor einer Kulisse, von der man in Deutschland nur träumen kann. Die begeisterten und textsicheren Fans beweisen, dass Cleeveland noch immer eine Rock-Stadt ist und die Kamerafahrten dokumentieren, dass sich heute mehr als die rekordverdächtigen drei Frauen im Publikum befinden. Besonders die Kameraperspektiven von den Rängen sind atemberaubend. Dafür sind die Szenen aus dem Graben nicht unbedingt immer gelungen und weisen eine fischeye-ähnliche Verzerrung auf.
Den Anfang machen RUSH mit vier Klassikern, wobei mit „Spirit Of Radio“ und „Time Stand Still“ gleich zwei meiner absoluten Lieblingssongs das Konzert eröffnen. Auch die Nummern aus dem immer noch aktuellen Album wurden auf die essentiellen Songs zusammengestrichen.
Zum ersten Mal haben RUSH ein einheitliches Design, das an den Roman „Die Zeitmaschine“ („Time Machine“) von H.G. Wells angelehnt ist. Die musikalische Zeitmaschine, der „Gafilter“, begleitet uns auch durch die Videoinstallationen, die „The ’Real’ History Of Rush“ nachstellen. Im Gegensatz zu den diesen Videos sind die mindestens ebenso genialen Backstage-Szenen mit Paul Rudd und Jason Segal leider nicht enthalten.
Überhaupt ist das Gesamtpaket in Sachen Bonusmaterial dieses Mal sehr übersichtlich und mit knapp 170 Minuten fast eine Stunde kürzer als die „Snakes And Arrows Live“ DVD.
Im zweiten Set kommt dann das, worauf viele gewartet haben – „Moving Pictures“ am Stück, wobei mir persönlich etwas der Sinn abgeht, das Album zwingend in der Originalreihenfolge hören zu wollen, zumal über die Hälfte des Albums ohnehin Teil jeder RUSH-Setlist sind. Außerdem kann ich mich für die an das Coverdesign angelehnten Videoinstallationen nicht so recht begeistern.
Mit „Caravan“ kommt die zweite der ziemlich heavy klingenden neuen Nummern („I Was Brought Up To Believe"), und mit „Closer To The Heart“, dem Intro und ersten Teil von „2112“ und dem aktuellen „Far Cry“ geht das offizielle Set seinem Ende entgegen. Bei der Zugabe ärgere ich mich, wie schon in Frankfurt, dass mit „Workingman“ eine meiner absoluten Lieblingsnummern in einer unnötigen Reggae-Version verhunzt wird.
„Time Machine“ ist die vierte Live-DVD in acht Jahren, und wer die anderen Scheiben im Regal stehen hat, kann sich zu Recht fragen, ob die aktuelle Veröffentlichung wirklich zwingend ist. Die klare (?) Antwort: Jein. “Time Machine” enthält in meinen Augen die wichtigsten Songs der Band. Meine Lieblinge sind ohne Ausnahme vertreten… sie lassen sich aber auch aus den Live-Mitschnitten der letzten Jahre kombinieren. Gleichzeitig haben es selten so viele Songs in eine RUSH-Setlist geschafft, auf die ich tendenziell auch verzichten könnte. Das Bühnenbild ist erstmal konsequent durchgestylt, gleichzeitig fehlt ein wenig das genial-nerdige Chaos der letzten Touren, wo Verstärker schon mal durch Waschmaschinen, Snackautomaten oder Hähnchengrills ersetzt wurden.
Das alles ist aber Meckern auf hohem Niveau. Keinen Prog-Fan wird von der Gelegenheit, drei der besten Rockmusiker auf diesem Planeten auf die Finger zu schauen, nicht unterhalten werden. Allein das Basssolo bei „Leave That Thing Alone“ ist den Kauf der DVD wert. Alles in allem also eine verdammt starke Live-Aufnahme, die aber nicht ganz mit den Vorgängern mithalten kann.
Setlist:
Spirit Of Radio
Time Stand Still
Presto
Stick It Out
Working Them Angels
Leave That Thing Alone
Faithless
Brought Up To Believe
Free Will
Marathon
Subdivisions
Tom Sawyer
Red Barchetta
XYZ
Limelight
The Camera Eye
Witch Hunt
Vital Signs
Caravan
Drum Solo
Closer To The Heart
2112: Overture
2112: The Temple Of Syrinx
Far Cry
La Villa Strangiato
Working Man
Bonus:
Outtakes from „The History Of Rush“
Tom Sawjer from “The History Of Rush”
Need Some Love (Live at Laura Socord Secondary Scool)
Anthem (Live from Passaic, New Jersey)