Geschrieben von Nadine Montag, 26 Dezember 2011 14:36
George Harrison / Living In The Material World
Stil (Spielzeit): Rock (209 min.)
Label/Vertrieb (VÖ): Edel (09.12.2011)
Bewertung: 7 / 10
George Harrison Homepage
Es gibt Momente im Leben eines Musikfans, da muss man sich entscheiden. METALLICA oder SLAYER? DIE TOTEN HOSEN oder DIE ÄRZTE? Und eben auch BEATLES oder ROLLING STONES?
Die ersten beiden Antworten behalte ich für mich, aber bei der dritten Fragen antworte ich klar und deutlich BEATLES! Martin Scorsese ist da wohl etwas offener, da er ja auch für „Shine A Light", eine Dokumentation über die ROLLING STONES, verantwortlich ist. Aber abgesehen davon ist Herr Scorsese schon für den ein oder anderen Filmklassiker verantwortlich. Die Titelwahl „Living In The Material World" irritiert mich allerdings, ist das nicht eher die Baustelle von MADONNA? Nein, natürlich nicht, eine CD von Georg Harrison war zuerst da und stand Pate für den Titel der Doku.
Von den vier BEATLES ist mir George Harrison – auch gerne „der stille Beatle" genannt – schon immer am angenehmsten gewesen. Gitarristen sind eh die geilsten, und von daher bin ich gespannt auf die DVD zum 10. Todestag des legendären Engländers.
Die DVD wurde von George Harrisons Familie in Auftrag gegeben, extra dafür hat seine Frau zum ersten Mal das Archiv geöffnet. Der Film gibt Einblick in sein Leben und streift alle wichtigen Stationen, von den Anfängen der BEATLES bis zu seinem Krebstod 2001. Natürlich nehmen die BEATLES einen großen Teil ein und es ist unglaublich, wie viele gute Fotos auch schon aus der Anfangszeit der Truppe existieren. Damit meine ich nicht die Menge, sondern es handelt sich um wirklich packende Fotos, die Momente, Gefühle, Stimmungen gebannt haben. Das zeichnet ein sehr privates und detailliertes Bild von der Band.
Viele Weggefährten kommen zu Wort, natürlich Ringo Starr und Paul Mc Cartney von den BEATLES, TOM PETTY, ERIC CLAPTON, Sohn Dhani, Brüder und Ehefrau von Harrison, YOKO ONO, Terry Gilliam und Eric Idle von Monty Python, Pattie Boyd, Neil Aspinall, sein spiritueller Mentor Ravi Shankar, Phil Spector, Billy Preston, der Rennfahrer Jackie Stewart und noch viele andere. Viele Meinungen und Lebensabschnittsgefährten also.
Das Bild, welches von George Harrison gezeichnet werden soll, ist klar – aber mir persönlich trotzdem zu schwammig. Die Streitigkeiten innerhalb der Band, da Harrisons musikalische Ideen oft abgeblockt wurden, die Drogensucht und der Auslöser für die häufig angesprochene innere Wut werden mir nur zu wenig besprochen. Interessant wurde es, als Ravi Shankar in das Leben von Harrison trat und sein Interesse an Meditation und indischer Musik weckte, was dann im Bangladesh Konzert 1971 seinen Höhepunkt fand. Er vermittelte ihm, dass man Gott sehen uns eine Seele fühlen sollte und gab ihm mit „Sei lieber ein Atheist, als ein Heuchler" eine Möglichkeit zum Gegensatz seiner materiell überfüllten Welt. Leider finde ich seine folgenden Solopfade nicht ausreichend beleuchtet, auch das All Star Projekt „The Traveling Wilburys", bestehend 1988-1990 aus GEORGE HARRISON, TOM PETTY, ROY ORBISON und BOB DYLAN, wurde nicht wirklich ausreichend besprochen.
Stattdessen wird darüber gesprochen, dass Harrison gerne gärtnerte und eine Vorliebe für die Ukulele und das Rennfahren hatte. Er wird als treuer Freund, geselliger (wenn auch stiller) Mensch und vor allem als freiheitsliebend beschrieben. Sein Sohn Dhani bringt es auf den Punkt mit der Aussage „...wenn du bei uns zu Hause rebellieren wolltest, dann musstet du regelmäßig zur Schule gehen!".
Scorsese hat keine offensichtliche Heldendokumentation gemacht, aber die dunklen Seiten auch nicht wirklich beleuchtet. Während die meisten der Befragten viel gestikulieren, fiel mir bei George Harrison auf, dass seine Mimik (besonders die der Augen) häufig seltsam starr ist und man den Eindruck hat, hinter seinen dunklen Augen lodert ein Vulkan. Die Ursache dafür hätte mich mehr interessiert.
Fans der BEATLES machen auf jeden Fall nichts falsch mit der DVD, sehr gute Bildqualität, glasklarer Ton und eine lange Spielzeit (209 Min.+ Extras) machen sicher viele glücklich. Auch die vielen Privataufnahmen und bisher unveröffentlichte Fotos machen die Dokumentation interessant.