Auch, wenn die CD für sich ein schönes Live-Dokument ist: Wie im Review des Soundtracks vermutet, macht das magische Dreieick PEARL JAM - Chicago Cubs - Fans erst audiovisuell richtig Sinn.
PEARL JAM und die Cubs
"Let's Play Two" ist halb Konzert, halb Dokumentation über eine dramatische Saison der Chicago Cubs, die 2016 zum ersten Mal seit 108 Jahren die World Series gewannen und nationaler Baseball-Champion wurden. In seiner zweiten PJ-Zusammenarbeit nach "Immagine In Cornice" mischt Regisseur Danny Clinch Interviews mit Verantwortlichen, Ehemaligen und Begleitern der Cubs, Fans und Mitgliedern der Band mit historischen und aktuellen Spiel-Szenen und Livematerial.
Aufgenommen wurde letzteres bei zwei ausverkauften Konzerten im Wrigley Field, Chicago, der Spielstätte der Cubs. Zum Zeitpunkt der Gigs spielte das Baseball-Team seine beste Saison seit langem. Was nur wenige Wochen später im historischen Triumph gipfelte, konnte damals noch niemand ahnen, auch wenn ein magisches Knistern in der Luft lag.
Die Performances von alten, neuen und seltener gespielten Songs sind elektrisierend und leidenschaftlich. Selbst für eine routinierte Band wie PEARL JAM ist es ein ganz besonderes Ereignis, zwei ausverkaufte Shows vor einem frenetischen Chicagoer Publikum in der Spielstätte ihrer Baseball-Mannschaft zu spielen. Ob der sanfte Einstieg mit "Low Light", die Hymne "Better Man", das frische "Lightning Bolt", "Jeremy", "Crazy Mary" mit einem wunderbaren Orgelsolo von Boom Gaspar oder "Black": Die Grunge-Legende legt eine höllisch intensive Vorstellung ab und lässt sich von den Fangesängen tragen. Wer wissen will, wie die auf der Bühne von der Leidenschaft von denen davor zehren und andersherum: Das hier ist das perfekte Beispiel.
Baseball, Rock und Menschen
Im Mittelpunkt der Interview-Szenen steht der in Chicago geborene Sänger Eddie Vedder, der seit mehr als vier Jahrzehnten eingefleischter Cubs-Fan ist, Spieler, Trainer und Manager persönlich kennt. Die restlichen Mitglieder kommen dagegen kaum zu Wort, besitzen allerdings auch nicht diese tiefe Verbindung zum Baseball wie Vedder.
Clinch sorgt mit geschickt aufgebauter Dramaturgie für ein sehr kurzweiliges Filmerlebnis mit emotionalen Höhepunkten. Da ist zum Beispiel der Fan John, der bereits vier Tage (!) vor dem ersten PJ-Gig im Wrigley Field auf der Straße campiert, um in die erste Reihe zu kommen. Zu Beginn von "Release", mit dem John eng den Tod seines Vaters verbindet, spricht Eddie Vedder ihn direkt an und fordert die Fans auf, mitzusingen und ihm Trost zu spenden.
Als der eng mit Mike McCready befreundete, an ALS erkrankte Ex-Footballer Steve Gleason im Rollstuhl auf die Bühne kommt und seinen persönlichen Lieblingssong "Inside Job" ankündigt, stehen nicht nur dem Gitarristen Tränen in den Augen. Überflüssig zu erwähnen, dass die entfesselte Darbietung der melancholischen Nummer für eine dicke Gänsehaut sorgt.
Darüber hinaus huldigt Clinch verstorbenen und noch lebenden Cubs-Ikonen sowie Ex-NBA-Star Dennis Rodman, der bei "Black Red Yellow" auf die Bühne kommt, reißt einen spontanen Akutsik-Gig auf dem Dach einer benachbarten Bar an, wirft mit Jeff Ament und Stone Gossard einen kurzen Blick in die Band-Vergangenheit und kommt langsam, aber sicher zum eigentlich ungeplanten Höhepunkt. Nachdem die Cubs in den Finals der World Series in die Verlängerung gehen mussten und scharf an der Niederlage kratzten, wendeten sie das Blatt ("Alive") und holten schließlich den Titel (perfekt untermalt von "All The way", der Vedder geschirebenen Hymne auf die Cubs). Das abschließende "I've Got A Feeling" passt perfekt.
Ein rundes Gesamtpaket
Ergänzt wird "Let's Play" von einigen Bonustracks, u.a. der kompletten Performance von "Black", die im Film unterbrochen wird, "Immortality" und "Mind Your Manners". Im 5.1-Sound machen die Songs extrem viel Spaß und versprühen pures Livefeeling, da die Fan-Reaktionen aus den hinteren Lautsprechern richtig schön laut abgemischt sind. Im Gegensatz zu (leider) vielen anderen Konzertmitschnitten in Dolby Surround oder dts ist die Verteilung der Instrumente und Fans hier absolut gelungen und besitzt fast schon Referenzcharakter.
Auch beim Bild leistet sich Regisseur Clinch keine Fehler: Der Zusammenschnitt aus Interviews, Songs und Spielszenen ist absolut flüssig, die Konzertaufnahmen gebührend ruhig. Für eine DVD ist die Bildqualität verdammt gut und scharf. Im Gegensatz zur DVD/CD-Kombi kommt die Blu-ray übrigens ohne CD aus - sehr schade.
"Let's Play Two" zeigt die tiefe Verbindung zwischen den Chicago Cubs, der Grunge-Legende und ihren Fans. Es ist ein emotionaler Film über Musik, Hoffnung und Liebe. Ein Film, für den man kein eingefleischter PEARL JAM- oder Baseball-Fan sein muss. Und damit absolut lohnenswert!
Trackliste
1. "Low Light"
2. "Better Man"
3. "Elderly Woman Behind The Counter In A Small Town"
4. "Last Exit"
5. "Lightning Bolt"
6. "Black Red Yellow"
7. "Black"
8. "Corduroy"
9. "Given To Fly"
10. "Jeremy"
11. "Inside Job"
12. "Go"
13. "Crazy Mary"
14. "Release"
15. "Alive"
16. "All The Way"
17. "I’ve Got A Feeling"
Bonus:
Black (Full Performance)
Mind Your Manners
Rearviewmirror
Masters Of War
Immortality
Lukin
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