Querschnitt durch eine Szene
Auf eine Zusammenstellung von Schnitzern, die den Cut überlebt haben, folgen zu Hardcore-Sound die Opening Credits, in denen Moby Flyer mit den Namen der teilnehmenden Künstler:innen zerknüllt. Bereits hier werden die Ausmaße des Projektes klar, da neben Legenden wie H.R. (BAD BRAINS) und John Joseph (CRO-MAGS) auch jüngere Vertreter:innen des Hardcore wie Tim McIlrath (RISE AGAINST) oder der Sänger von ACXDC, Sergio Amalfitano, auftauchen. Ein stimmungsvoller Einstieg.
In einem Sketch skizziert Moby seinem Hund und den Zuschauer:innen kurz einen Umriss der Geschichte des Punk – vom Protopunk der 50er über IGGY POP hinweg zum englischen Punk der 70er und schließlich dem amerikanischen Hardcore. Obwohl die minimalistischen Zeichungen auf den ersten Blick etwas lächerlich wirken können, sorgen sie im Laufe des Filmes für den einen oder anderen Lacher. Zum Beispiel, wenn Strichmännchen mit den Gesichtern eingschlägiger New-York- Hardcore-Bands in einen Club einglassen werden, während Ex-US-Präsident Bush vor der Tür warten muss und das Maskotchen der Doku, eine Kuh, anschließend sofort hineingelassen wird.
Die visuelle Präsentation anhand von Zeichnungen bricht die größtenteils aus Interviews bestehende Doku auf und schafft Übergänge zwischen den unterschiedlichen Kapiteln, beispielsweise, wenn Moby die Bedeutung von Straight Edge erklärt, bevor Mitglieder von Bands, die für die Bewegung prägend waren, ihre Positionen dazu teilen. Die Kinematographie ist dabei zwar minimalistisch, passt dadurch aber zum DIY-Ethos der Szene und erfüllt ihre Rolle.
Insbesondere Vegetarismus und Veganismus werden im späteren Verlauf der Doku hervorgehoben, da unterschiedliche Künstler:innen die Überschneidungen der Werte der Punkszene mit deren parallel verlaufenden Geschichten ansprechen. Der Querschnitt durch alle möglichen Phasen der Genregeschichte umfasst Frauen und Männer verschiedenster Identitäten und Herkünfte, weshalb der Film einen interessanten und vielschichtigen Einblick gibt und verschiedensten Punks und Hardcorekids eine Plattform bietet, um ihre Perspektiven zu teilen.
Einen Vorgeschmack auf den Film gibt es im folgenden Teaser:
Musikgeschichte mit musikalischer Untermalung
In einer Musikdoku darf die musikalische Untermalung nicht fehlen: Hier natürlich Punk der entsprechenden Zeit. An einer Stelle gibt ein Chor einen Coversong von GORILLA BISCUITSs "Cats And Dogs" zum Besten, das den schnellen Hardcoresong aus den 80ern entschleunigt und in ein ganz neues Licht rückt.
Insgesamt stellt die Musik hier allerdings eher schmückendes Beiwerk dar. Im Kern des Filmes stehen die Werte und Kultur, die um Punk herum entstanden sind – der Soundtrack steht im Hintergrund, während die Interviews ins Rampenlicht rücken. Wer also Interesse am Entstehungskontext des Punk und seiner Werte hat, dürfte sich darüber freuen, während Zuschauer:innen, die auf eine Dokumentation über die Musik selbst hoffen, vom Film enttäuscht sein dürften.
Zugänglich ist "Punk Rock Vegan Movie" jedoch für alle Zielgruppen. Wer noch nichts über (Vegan) Straight Edge und dergleichen wusste, kann die Inhalte der Doku dennoch gut nachvollziehen. Wer sich bereits mit diesen Themen auskennt, lernt einige Zusammenhänge noch besser kennen oder kann Neues lernen – zum Beispiel darüber, wie genau CRO-MAGS die auf sie folgenden Gruppen prägten. Darüber hinaus ist die Doku gratis und damit – zumindest in englischer Sprache – umso leichter zugänglich.
Fazit
"Punk Rock Vegan Movie" ist grundsätzlich für alle Hardcore-Enthusiasten geeignet, aber insbesondere für solche, die aus politischen Gründen zur Szene fanden. Besonders für Aktivist:innen und Freund:innen der Musikgeschichte ist die Dokumentation ein Muss, da sie tieferen Einblick in die Entwicklung des Genres und seiner Kultur bietet.