Stil (Spielzeit): Acid-Jazz / Funk (~150 Min)
Label/Vertrieb (VÖ): Eagle Vision (16.11.2007)
Bewertung: Bunt. [7/10]
Link: http://www.jamiroquai.com/
Als vor nun etwa zehn Jahren Roland Emmerichs "Godzilla" in die Kinos kam, hatte ich meinen akustischen Erstkontakt mit der englischen Band. Zwar war weder "Deeper Underground" wirklich repräsentativ für das Schaffen Jason Jay Kays und seiner häufig wechselnden Mannschaft, noch kann ich von mir behaupten ein eingefleischter Jünger zu sein. Dennoch verfolgte ich die Entwicklung von JAMIROQUAI in der letzten Dekade unregelmäßig, zufällig und ungezwungen, sodass ich mich entschied, dieses auf Folie gekratzte Konzert zu begutachten.
Ich gehe kaum davon aus, dass jemand, der in den letzten sechzehn Jahren auch nur einmal mehr oder weniger contemporäre Radiosender zu hören bekam, ein oder zwei Stunden Musikfernsehen gesehen oder eine von diesen hellen, illustrierten Gratiszeitschriften für Studenten mit kurzen Musikrezensionen, die in Musikgeschäften ausliegen, in der Hand hatte, an dem Bandnamen vorbeikam. Sollte es doch jemand geben, der von den über Vierundzwanzigmillionen verkauften Alben nicht mitbekommen haben sollte, für den lässt sich die Musik vielleicht so beschreiben:
Acid Jazz steckt dem in Ekstase tanzenden Rock die Zunge ins Ohr, Elektro zieht ihm an den Haaren und typischer 1990er Disco schüttet einen Eimer abwechselungsreichen Pop über den Kopf. Und bekommt jemand an dieser Stelle den Eindruck einer etwas experimentelleren Retorten-Pop-Gruppe, beweist der charismatische Frontmann mit seiner fähigen Live-Band das Gegenteil.
Die Abendfüllende Konzertaufnahme aus etlichen Kameraperspektiven hat, wenig überraschend, nicht nur ein brillantes Bild und einen kristallklaren Ton zu bieten, sondern einen musikalischen Querschnitt, der sich sehen lassen kann. Das prestigeträchtige Montreux Jazz Festival erlaubt eine stimmungsvolle und doch wenig penetrante Bühnenshow mit schicken und in verschiedensten Farben ausgeleuchteten Quadratflächen.
Jay Kay schwitzt seinen weißen Adidas-Jogginganzug - ob es da wohl etwas für die Portokasse gab? - durch, kneift die Augen zusammen, präsentiert seine Stimme in Höchstform und schwingt den glitzernden Kopfschmuck im farbigen Scheinwerferlicht. Zwei Damen unterstützen ihn und die gut eingespielte Band gesanglich.
Irgendwann stellt sich bei einer so umfassenden Spielzeit sicherlich auch ein Sättigungsgefühl ein, doch dünnt der Auftritt nicht aus und selbst nach mehr als neunzig Minuten, die von verschiedenen Zwischenspielen wie Soli und Instrumentalpassagen durchwachsen sind, tanzt Jay Kay noch fröhlich und ausgelassen über die Bühne. Hat man nach dem umfangreichen Konzert immer noch Appetit, kann man sich an einem Video von "Space Cowboy" aus dem Jahr 1995 erfreuen, was noch einmal knapp zwölf Minuten auf die Waage bringt.
Nicht ausnahmslos alles trifft meinen musikalischen Nerv, denn ein paar Abschnitte schmecken etwas fade. Wobei ich mir sicher bin, dass das enthusiastische Liebhaber und fanatische Jünger berechtigterweise anders sehen, aus ihrem Wohnzimmer eine Woodstockwiese machen und nach der Telefonnummer ihres Vertrauensmannes für weiche Drogen kramen werden.
Und während dieser musikalischen Längen hat man immer noch die Gelegenheit sich an dem strahlend tanzenden Publikum zu erfreuen, das sich scheinbar aus allen Altersgruppen zusammensetzt und die mit pinkfarbenen Festivalbändern versehen Arme fröhlich durch die Luft schwingt.
Ich denke, dass Leute, die tendenziell Interesse am Bessergestellten-Listening-Genre (Max Goldt) haben, hier nicht allzu viel falsch machen können. Dieser Datenträger wurde nicht nur randvoll mit Herzblut getankt, sondern abschließend in kochendem Funk gehärtet und in Marihuanarauch getrocknet. Dass ich mir jede Woche Zeit für einen solchen Durchlauf, einen solchen Tripp ist man versucht zu schreiben, nehmen werde, bezweifele ich, doch nehme ich auch nicht an, dass das gute Stück wirklich Staub fangen wird.
Setlist:
01 Use The Force
02 Canned Heat
03 Cosmic Girl
04 Little L
05 Blow Your Mind
06 High Times
07 Travelling Without Moving
08 Butterfly
09 Shoot The Moon
10 Soul Education
11 Just Another Story
12 Mr Moon
13 Alright
14 Love Foolosophy
15 Deeper Underground
Bonus:
Space Cowboy (1995 Live)