Stil (Spielzeit): Black Metal (55:00 + Bonus)
Label/Vertrieb (VÖ): Peaceville Records (23.4.2007)
Bewertung: A Soulside Journey. [9/10]
Link: http://www.peaceville.com/
Ted Skjellum wurde 1972 geboren und ist von Beruf Lehrer. Seit Ende der Achtziger singt Ted in seiner Band. Dort spielt er auch Gitarre und Bass. Dann heißt Ted Skjellum auf einmal Nocturno Culto und obwohl sein Bandkollege Gylve "Fenriz" Nagell bemüht ist das Rampenlicht gedämmt zu halten wird er weltweit erkannt.
Vor ihren eigentlich erschreckend gewöhnlichen Leben haben die beiden Musiker eine pechschwarze, mit Legenden beschmierte Wand aus Metall hochgezogen. DARKTHRONE steht dort auf ihr geschrieben - jedenfalls für die, die aus dem Logo schlau werden und die einzelnen Buchstaben zu trennen vermögen.
Mit einem Schallgedämpften Schlagbohrhammer hat nun Nocturno Culto ein paar Löcher in diese Wand gemeißelt. Durch diese kleinen, etwa daumengroßen Löcher blitzen weit mehr, als nur Szenen aus dem Leben, Wirken und Denken der populären Untergrundfürsten.
Wer sich aufmacht und die schöne Hülle in den Händen dreht, den Datenträger vorsichtig aus seinem Plastiksarg befreit und das Ganze auch noch abspielt, macht sich auf eine knapp einstündige Reise. Die Reise beginnt zunächst beim auf einem zugefrorenen See, führt nach Tokyo zu der Ausstellung "Norwegian Black Metal" Peter Bestes, durch verträumte Landschaften, endlose Wildnis und kuriose Plätze in Norwegen, hat zunächst weder Ziel noch Sinn und nach ihr bleibt das Gefühl eine Überdosis David Lynch geschnupft zu haben.
Die Aufnahmen der Landschaften sind stets in ranziger Heimvideo-Qualität gehalten, wirken aber trotzdem so gut, wie die bombastischen Helikopterperspektiven der millionenteuren Tolkien-Verfilmung. Von den zahlreichen auf Norwegisch gehaltenen Dialogen ist nur ein Teil mit englischen Untertiteln versehen, während im Hintergrund sphärische Elektroklänge - natürlich auch aus der Feder Nocturno Culto's - ihr Übriges tun.
Rune "Blasphemer" Erickson und Jørn "Necrobutcher" Stubberud aus den Reihen der Legende MAYHEM sind wenige Augenblicke auf einer Release-Party hinter der Bühne zu sehen, ein kauziger, teils zahnloser Norweger gibt Einblicke in sein Leben, die japanische Girlband GALLHAMMER steuert wie auch AURA NOIR ein paar Konzerteindrücke bei: Irgendwo zwischen grau-buntem Alltag und romantisch-schwarz-weißer Entfremdung baumelt das skurrile Videokunstwerk.
Inhaltlich ist rein sachlich natürlich nicht viel zu holen. Biografien gibt es ebenso wenig wie Konzertmitschnitte oder Musikvideos, sieht man von den beiden prähistorischen Mitschnitten und dem fabelhaften "Too Old Too Cold"-Video in der Bonussektion einmal ab. Informative Interviews, der Entstehungsprozess des letzten Albums oder Tour-Impressionen würden auch die einmalig weltfremde Atmosphäre verderben. So bleibt ein Haufen Szenen, ein dünner roter Faden, ein seltsamer Score, der beiliegt und ein Haufen Eindrücke; ähnlich einer Reise eben.
Was will man denn auch noch erwarten? Musikalisch scheint der Tisch abgeräumt. Trittbrettfahrer, innovationsloses Dreschen aus verchromten Studios, Opern- und Klassik-Bataillone zwischen durchschnittlichem Altmetall-Kitsch, versehen mit ein bisschen schwarzer Reizwäsche? Nein. Eigentlich ist es Black Metal as fuck, ich wage sogar zu behaupten, dass wenig mehr auf dieser Welt näher an Black Metal ist, wenn man nach dem Unterzeichnen eines Plattenvertrags statt mit Kokain und Prostituierten im Hotelzimmern zu verschwinden - nichts gegen SATYRICON, versteht mich nicht falsch - einfach rauchend in aller Stille, am Tisch in der heimischen Waldhütte, grübelnd über einem Brettspiel sitzt.
Das ist nur eines von den schier unzähligen Feinheiten, die diesen Film zu etwas wirklich Besonderem machen.
Oft lese ich unter Rezensionen aktueller Musikfilme Sätze wie: "... doch war das wirklich nötig?" Und nein: Nötig war es sicherlich nicht, doch eben das macht diese einmaligen Eindrücke einer der wohl seltsamsten Szenen der Welt so einzigartig.
Ted "Nocturno Culto" Skjellum