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Die (gute alte) Zeit zwischen 1984 und 1987. Man durfte als junger Kerl ungestraft Vokuhila zum Schnauzer tragen. Internet, Handy oder virtuelle Realität existierten maximal in den Köpfen einiger verschrobener Forscher (oder Militärs). Man kommunizierte mit Bekannten per Brief (handgeschrieben, PC hatte man damals nicht als Normalo) und den Kumpels überspielte man Tapes. Einem guten Freund vertraute man auch mal ein Chrom-Kassettchen an. Und in diesen Jahren erschienen die ersten drei Alben einer bayerischen Hard'n'Heavy-Band.
Was das mit diesem Review zu tun hat? Nun, in genau diese Zeit nehmen einen die Bayern von RAILWAY mit, die vor kurzem eine DVD namens „Heavy & Loud" veröffentlicht haben und deren 19 Tracks – übrigens nahezu identisch mit den Nummern der 2006er Best Of-Scheibe „Finally Back" – decken diese Zeit sehr gut ab, stellenweise sind auch spätere Songs wie „Dreams From The Northern Light" (vom 4. Album „To Be Continued" aus 1991) am Start.
Aufgezeichnet am 30.11.2006 im Münchner Metropolis, spielten die fünf Eisenbahner eine Art Reunion-Show und boten dem ausverkauften Haus die volle Bandbreite an RAILWAY'schem Schaffen. Nahezu alles, was der geneigte und mittlerweile ergraute Fan erwartet, tönt (nachbearbeitet...?) aus den Boxen: „Lick It, Stick It", „High Wire", „Heavy & Loud", „I'm A Looser" (wurden von den Burschen schon vor fast einem Vierteljahrhundert so geschrieben!), „Tomorrow", „No Mercy" und natürlich die dreckigen Jungs schmettert das Quintett von der kleinen Bühne.
Natürlich könnte ich hier, wenn ich objektiv bin, einige Kritikpunkte anbringen: wirklich Neues bekommt man nicht geboten, wenn man aus dem Beginn der 80er Jahre jeweils eine Scheibe von KROKUS, den SCORPIONS und ACCEPT (in ziemlich genau dieser Reihenfolge) heraus pickt, kennt man nahezu jeden Ton und Groove der RAILWAY-Tracks. Zudem ist nicht wirklich Action auf der Bühne, sieht man von den damals schon grenzwertigen Posen ab. Und an Sänger Walter Wicha scheiden sich, wie einst an AXXIS-Shouter Bernhard Weiss, die Geister. Seine hohe Stimme ist nicht jedermanns Sache, auch seine Ansagen sind nicht unbedingt großes Entertainment. Zudem klingt der Sound, wie schon erwähnt, nicht uuuunbedingt komplett live, sondern nachbearbeitet. An der Aufmachung hat man auch gespart, ein Menü oder Zusatzfeatures wie Interviews, eine Bio oder Fan-Reaktionen sucht man vergebens. Das Bild ist dunkel aber sauber, bei schnellen Bewegungen wirkt es schnell mal pixelig.
ABER – und hier kommen wir zum aus meiner Sicht positiven Fazit:
- Es macht einfach Spaß, die Burschen wieder auf der Bühne zu sehen. Zudem agiert die Band tight.
- Die 96 Minuten decken das ganze Spektrum von RAILWAY hervorragend ab.
- Die teilweise holprigen Ansagen wirken ungekünstelt und charmant.
- Die frühen SCORPIONS, KROKUS und ACCEPT waren geil. Und denen stehen viele der oben genannten Nummern in nichts nach.
- Nach etwas holprigem Start kommt die Band ab dem zweiten Drittel gut in Fahrt und macht bei einigen kühlen Erfrischungsgetränken (Empfehlung: Augustiner Lager oder Edelstoff) Spaß und bringt so manch nette Erinnerung zurück.
- Einlagen wie in „Love Just For Money" toppen Nachahmer wie Kiss locker. (Shouter Walter lässt sich in Mitten des Publikums per Kette an die Decke ziehen, die Mitsing-Einlage des lahmen Publikums wird mit „You've Got Another Thing Coming" beendet.)
- Diese Eisenbahn ist zwar kein ICE aber auch kein Bummelzug, sondern ein Regional-Express auf Sonderfahrt!
Aus diesen Gründen und vor allem als Fan der seligen 80er German Rock und Metal-Zeit – die nicht unbedingt besser war, aber diesen unschuldigen Charme hat – spendiere ich daher subjektive 8 Punkte (objektiv wären es, da muss ich ehrlich sein, eher deren 6). Man muss aber auch honorieren, dass keine große Firma hinter dem Projekt steht, von daher sei das Herzblut ebenfalls gewürdigt.
1. Intro
2. Lick It, Stick It
3. Take It Away
4. D.O.A.
5. High Wire
6. I Wanna Run
7. Fight With A Killer
8. Heavy & Loud
9. Rockets
10. Stronger Than Rock
11. I'm A Looser
12. Tomorrow
13. No Mercy
14. Nightrider
15. Love Just For Money
16. Screaming After Midnight
17. Dreams From The Northern Light
18. All Night Long
19. Heavy Metal Fever
20. Dirty Boys
Stil / Spielzeit: Hardrock/Heavy Metal (96 Minuten)
Label/Vertrieb (VÖ): Planet Rock Records / Point Music (Dez. 2009)
Bewertung: 8/10