„It sounds hard because we play hard!“
Wo beginnt man denn am besten mit einer Rettungsaktion eines gesamten Musikstils? Richtig, am Anfang. Und je nachdem, wen man nach dem Anfang fragt, können sich die Antworten zwischen nichts, Urknall oder fliegendes Spaghetti-Monster bewegen.
Für AVATAR ist die Sache klar, am Anfang war der Teufel und dieser mag es, zu tanzen – zumindest nach dem Titeltrack zu urteilen. Und dieser legt gleich richtig los. Eingeleitet von Glockengeläut und einem groovigen Riff, unterlegt mit fettem Bass und Schlagzeug, bittet der Teufel zum Tanz.
Ebenso fett geht es mit „Chimp Mosh Pit“ weiter und in Sachen Groove machen Genregrößen wie PANTERA oder LAMB OF GOD hier AVATAR absolut nichts vor. Ehe man sich versieht, poltert auch schon die erste veröffentlichte Single des Albums hinein. „Valley of Disease“ beginnt zunächst RAMMSTEIN-esk mit einem elektronischen Riff, welches aber nach nicht einmal 10 Sekunden schon von Gitarren und Rhythmusgruppe aufgegriffen und mit fettem Sound versehen wird. Innerhalb von gut vier Minuten überrollt der Song einfach alles im Weg liegende und man muss schon erst mal kurz aufatmen, wenn plötzlich wieder die Stille zwischen den Songs den Raum füllt.
Wer nun aber denkt, es ginge vielleicht etwas sanfter weiter, hat sich getäuscht. Wenn auch „On The Beach“ nicht komplett alles unter sich begräbt, groovt sich der Song schon nach kurzer Zeit ein und überzeugt mit einem Gitarrensolo der Extraklasse, bei dem beide Gitarristen Jonas "Kungen" Jarlsby und Tim Öhrström ihr ganzes Können unter Beweis stellen. Doch auch Bassist Henrik Sandelin darf hier zeigen, was er kann. So viel Bass kennt man sonst nur von KORN.
Und wer sich eben noch sehnlichst Ruhe gewünscht hat, dem wird dieser Wunsch zumindest im Outro des Songs in Form einer leisen Spieldose gewährt. Das war es aber auch wieder mit der Sanftmut, denn der nächste Song „Do You Feel In Control“ steht schon in den Startlöchern und räumt mit fetten Riffs, schnellen Drums und lautem Bass alles ab. Sollte der Song live auf die Bühne kommen, ist er ein Garant für fliegende Haare.
Dance people dance
Dass AVATAR für Überraschungen gut sind, weiß mindestens jeder, der schonmal ein Konzert der Göteborger besucht hat. Aber auch auf ihren Alben halten die Schweden nicht hinterm Berg. Denn wenn sie einen Song mit Onomatopoesie – der sprachlichen Nachahmung von außersprachlichen Schallereignissen – einleiten möchten, dann tun sie das mit voller Überzeugung.
„Gotta Wanna Riot“ überzeugt aber nicht nur mit dem cleveren Gebrauch von Lautmalerei, Gangshouts oder der Stimmgewandtheit von Frontmann Johannes Eckerström, sondern auch mit der Geschichte, die erzählt wird. Alles in allem ein vielfältiger, lustiger Song, der auch live vermutlich sehr gut funktionieren wird.
Wie schon zuvor erwähnt, stellt das Album besonders die gesangliche Vielfalt von Johannes Eckerström heraus. Dieser springt zwischen Growls, Screams und Klargesang immer wieder auch innerhalb einzelner Songs ohne große Mühen hin und her.
Was nun folgt, ist der wohl radiotauglichste Song, den AVATAR je geschrieben haben. „The Dirt I’m Buried In“ klingt nach so viel fettem Sound schon fast nackt, erfrischt aber gleichzeitig auch auf genau diese Art und Weise. Die gezähmten Drums und ein verhaltener Bass lassen den Gitarren und dem Klargesang hier den Vortritt. Das führt zu einem soliden, leicht pathetischen Rocksong, der noch ein bisschen Härte hätte vertragen können. Nichtsdestotrotz ist es ein Song mit Ohrwurmfaktor, der so schnell nicht mehr aus dem Gedächtnis verschwindet.
„Clouds Dipped In Chrome“ ist das genaue Gegenteil seines Vorgängersongs und präsentiert eine extra große Portion Härte, kombiniert mit Blastbeats und fettem Bass. Sänger Eckerström wächst gesanglich noch einmal über sich hinaus und klettert in eine Falsettlage, die man sonst nur von JUDAS PRIEST Frontman Rob Halford kennt.
Mit „Hazmat Suit“ biegen AVATAR langsam auf der Zielgeraden ein und fordern die Hörer:innen noch einmal zum Tanzen auf. Das ganze aber nicht ohne eine Portion Härte, einen Spritzer Punk und der ein oder anderen Parallele zu MOTÖRHEAD.
Kurz vor Schluss wird es noch einmal ruhiger und AVATAR laden zu der dunkelschönen Ballade „Train“, in der Sänger Eckerström in den Strophen im JOHNNY CASH-Stil die Geschichte eines mysteriösen Reisenden erzählt. Im Refrain ist dann wortwörtlich die Hölle los und bricht die geheimnisvolle Atmosphäre einmal komplett auf.
Für „Violence No Matter What“ haben sich AVATAR Lzzy Hale (HALESTORM) mit ins Boot geholt, um zum Schluss noch einmal einen Knaller mit starker politischer Botschaft herauszuhauen.
Fazit
AVATAR machen keine halben Sachen. Wenn sich die fünf Schweden vornehmen, den Heavy Metal zu retten, dann nehmen sie diese Quest ernst und geben alles. Ob sie es tatsächlich geschafft haben, liegt im Auge des Betrachters. „Dance Devil Dance“ wartet zwar mit vielen starken Songs auf, diese bewegen sich jedoch alle in einem ähnlichen musikalischen Bereich und somit bleibt eine gewisse Repetition nicht aus.
Ansonsten haben AVATAR mal wieder bewiesen, dass sie über sich hinauswachsen können und musikalisch immer wieder für Überraschungen gut sind. „Dance Devil Dance“ ist definitiv ein Hörerlebnis und macht auch nach wiederholtem Abspielen Spaß!
Songempfehlungen
- Gotta Wanna Riot
- Train
- Hazmat Suit
Trackliste:
01. Dance Devil Dance
02. Chimp Mosh Pit
03. Valley Of Disease
04. On The Beach
05. Do You Feel In Control?
06. Gotta Wanna Riot
07. The Dirt I’m Buried In
08. Clouds Dipped In Chrome
09. Hazmat Suit
10. Train
11. Violence No Matter What (feat. Lzzy Hale)
AVATAR sind:
Johannes Eckerström, vocals
John Alfredsson, drums
Jonas Jarlsby, guitar
Henrik Sandelin, bass
Tim Öhrström, guitar