Stil (Spielzeit): Indie-Pop/Akustisch (54:12)
Label/Vertrieb (VÖ): Eigenproduktion (11.10.08)
Bewertung: 8/10
Link: http://www.elysee-musik.de
http://www.myspace.com/elyseemusik
Manchmal stößt man völlig unerwartet auf musikalische Perlen in der Flut an Veröffentlichungen. Umso überraschender ist es dann, wenn die vorliegende Platte in deutscher Eigenproduktion entstanden ist und durch vielerlei Aspekte zu überzeugen weiß. So geschehen bei dem Debütalbum der kölschen ÈLYSÈE, einer vierköpfigen Band, die sich den überwiegend akustischen, melancholischen und sehr emotionalen Klängen verschrieben haben.
Um es auf den Punkt zu bringen: So sollte deutschsprachige Rockmusik klingen. Anspruchsvoll, vielseitig, abwechslungsreich und tiefgründig. Denn was der junge Vierer auf „Einfach leiten lassen Los“ abliefert, geht über den üblichen deutschen Indie-Pop Kram maßgeblich hinaus. ÈLYSÈE mit Bands wie JULI und Konsorten zu vergleichen würde an gnadenlose Dummheit grenzen, denn es ist vor allem die relativ ungewöhnliche Ausrichtung der musikalischen Grundstimmung und vor allem die Texte, die sich abseits des Einheitsbreis der auf Deutsch singenden Kombos bewegt. Am ehesten dürfte dieses Album noch Freunden von POLARKREIS 18 oder auch KETTCAR gefallen.
2007 aus Mitgliedern der Band STEREOCHILD und dem Drummer von DAYS IN GRIEF gegründet, sind die 14 Songs überwiegend in Köln, aber auch teilweise in Lyon, Frankreich, entstanden und überzeugen durch eine außergewöhnlich melancholische und vor allem fast schon philosophische Ausrichtung der Texte, die oft von drei(!) der Musiker gesungen werden – und was sich verdammt gut anhört...
Musikalisch bewegt man sich definitiv auf bekannten Pfaden, zu der üblichen Bandbesetzung gesellt sich hier und da ein wunderschönes Klavier hinzu, welches bereits den eröffnenden „Prolog“ gestaltet. Aber auch ein Marimbaphon ist in „Mit der Welt spazieren“ zu hören. Man lässt Experimente außen vor und konzentriert sich auf das Wesentliche: Gute Musik.
Denn es ist auch die Abwechslung, die „Einfach leiten lassen Los“ nie langweilig werden lässt. Im Gegenteil, man merkt dem Silberling eine energische Kreativität an, welche schon fast ein wenig zu viel für den unvorbereiteten Hörer ist. Denn die lyrische Begabung – egal wer hier die Texte schreibt – gibt einem einige Denkanstöße, was man sonst ein wenig vermisst in der deutschsprachigen Musiklandschaft. Neben tollen und vor allem gelungenen Wortspielen und Reimen sind es hier besonders die teilweise sozialkritischen Texte, aber auch Themen, die sich mit ganz persönlichen Dingen des Normalo-Menschen beschäftigen und in denen sich ein jeder vermutlich sehr gut wiederfindet. Und dies setzen ÈLYSÈE überdurchschnittlich gut um, sodass die vierzehn Songs schon fast etwas zu viel des Guten sind...denn um den gesamten besungenen Themenkreis komplett aufzunehmen und vor allem dahinter blicken zu können, braucht man mehrere Hördurchgänge. Jedoch ist es aufgrund der sehr gelungenen Musik, welche mal langsamer und mal schneller daherkommt, auch möglich, die Platte einfach nebenbei laufen zu lassen, was sehr positiv wirkt. Ganz besonders hervorzuheben sind wunderbar melodische und intelligente Songs wie „Blinde Träume“, „Bleiben wo wir sind“ oder „Gemeinsam Einsam“. Hier zeigt sich sehr gut, dass man es perfekt beherrscht, kleine Dinge zu thematisieren und dabei trotzdem einen fragenden Blick hinter den großen weißen Vorhang zu werfen.
Im Prinzip kann man ÈLYSÈE zu einem so gelungenen, in Eigenregie entstandenen Album nur gratulieren und hoffen, dass es in Zukunft noch mehr zu hören gibt.