Geschrieben von Lars Sonntag, 07 Oktober 2007 23:35
The Sound Of Animals Fighting - Tiger & The Duke (Re-Release)
Stil (Spielzeit): Progressive Screamo / Progressive Punk / Experimental Rock (71:38)
Label/Vertrieb (VÖ): Equal Vision / Cargo Records (17.08.07)
Bewertung: 8,5 / 10
Link:
www.thesoundofanimalsfighting.com
Das vielköpfige Projekt THE SOUND OF ANIMALS FIGHTING veröffentlichte hierzulande unlängst sein erstes ausgewachsenes Album namens "Lover, The Lord Has Left Us". Doch vor diesem freigeistigen Werk hatte das Kollektiv bereits eine mittlerweile vergriffene EP namens "Tiger & The Duke" eingespielt. Statt die Platte in der damaligen Form wiederzuveröffentlichen hat sich Mastermind Rich Balling (Autor des Buches "Revolution On Canvas" über die Texte der Indie-Musik) für eine beträchtliche Überarbeitung entschieden.
Bevor wir zu den Details kommen, widmen wir uns zuerst mal der Frage: Was für Musik bot denn "Tiger & The Duke" im Jahre 2005 überhaupt? Da hatten sich Mitglieder zahlreicher Bands (u.a. RX BANDITS, CIRCA SURVIVE, FINCH) zusammengetan, um isoliert voneinander eine extravagante und progressive Mischung aus Rock, Screamo und Chaos einzuspielen, wobei nur Initiator Rich Balling den Überblick hatte. Die vier zwischen vier und fünfeinhalb Minuten langen und bisweilen sehr hektischen Stücke wurden von fünf ruhigen, elektronischen Interludes getrennt und eingerahmt, nur um dann orkanartig in den Gehörgang zu fahren. So dynamischen Screamo (im weitesten Sinne) habe ich selten gehört! Jede Sekunde strotz vor musikalischer Brisanz, spielerischer Raffinesse und einer ungeheuren Scheiss-auf Erwartungen-Einstellung. Wie nach der einleitenden Elektro-Overtüre, die bereits eine unterschwellige Spannung aufbaut, in "Act I: Chasing Suns" die Grundidee variantenreich mit Hochgeschwindigkeitsgeschrammel durchdekliniert wird und der intensive Gesang von CIRCA SURVIVE's Anthony Green große Melodien drüberlegt hat mächtig Klasse. In der Masse der Klänge muss man sich erstmal orientieren, so vollgepackt ist das Hammer-Stück! Dann kommt das erste Interludium und man ist froh, seine Gehörschnecke neu aufrollen zu können, denn auch der zweite Akt erfordert Aufmerksamkeit, geht's doch bereits mit einem proggigen Vorgeplänkel los, bevor ein zunächst entrückter und später direkterer Gesang einsetzt, der sich zwischen diversen Tempowechseln entfaltet. Wieder ein geiler Song und in dieser Kategorie nicht der letzte. Auch "Act III: Modulate Back To The Tonic" und "Act IV: You Don't Need A Witness" sind gelungene Teile dieses hochkarätigen Vierakters, der für mich zu den Referenzen im Bereich des progressiven Screamos gehört. Man achte nur mal darauf, wie der abschließende Akt das Anfangsthema des ersten Aktes aufgreift, um es dann jedoch in einer bemerkenswert anderen und doch ebenso energetischen Art fortzuführen.
Von langsamen Blues-Einsprengseln über Punk bis Metal-geschwängertem Screamo darf sich auf "Tiger & The Duke" alles an dieser rasanten Achterbahnfahrt beteiligen und muss aufpassen, bei den zahllosen Steigerungen und plötzlichen Richtungswechseln mitzukommen. Wahnsinn!
Nun hatte ich aber auch einige Änderungen angekündigt. Die Songs an sich sind maßvoll neu gemischt und gemixt, aber die Zwischenstücke sind gegen komplett neue elektronische Soundcollagen ausgetauscht worden, die wohl die inhaltliche Entwicklung besser darstellen sollen. Mir persönlich waren und sind diese Kontrapunkte zur Hektik der Lieder aber sowieso schon recht unwichtig, außer eben in Hinblick auf das kurze Runterkommen zwischen den vor Ideen überbordenden Songs. Und diese Funktion erfüllen sie immer noch, wobei eine Grundspannung immer aufrecht gehalten wird.
Bedeutender ist diese Änderung: Der Silberling enthält satte acht zusätzliche Stücke! Man bat nämlich befreundete Musiker (u.a. John Gourley von PORTUGAL.THE MAN), ob sie nicht Lust darauf hätten, einige Stücke von "Lover, The Lord Has Left Us" zu bearbeiten. Die Ergebnisse liegen nun auf dieser erweiterten EP vor. Allzu große Erwartungen sollte man an die neuen Versionen jedoch nicht haben, sind sie doch eher wegen des Spaßes am Herumspielen entstandene Remixe des ohnehin noch deutlich experimentelleren neuen Materials. Kurzum: Interessant zum Vergleichen von Original und Remix, aber nichts zum regelmäßigen Hören.
Aber wie gesagt: Die ursprünglichen Stücke von "Tiger & The Duke" sind ein Prog-Screamo oder auch Experimental Rock -Erlebnis der Extraklasse!