Fake Problems - Real Ghosts Caught On Tape

fake

Stil (Spielzeit): Indie-Rock (37:56)
Label/Vertrieb (VÖ): Side One Dummy Records / Cargo (24.09.10)
Bewertung: 6 / 10

Link:
http://www.myspace.com/fakeproblems
Na, sowas... Ich wusste gar nicht, dass ich in der Lage bin, zu derartiger Musik abzugehen. Hätte ich einen beliebigen Song dieser Scheibe irgendwo im Radio gehört, dann hätte ich diesem wohl ungefähr so viel Beachtung geschenkt wie einer Erdnuss mit der Form von Dolly Buster. Wobei ich zugeben muss, dass mich der Gedanke an solch eine Erdnuss doch recht neugierig gemacht hat. Da werde ich mich wohl mal auf die Suche begeben. Der musikalische Inhalt dieses Albums hingegen stellt nun wirklich nicht unbedingt den typischen Ansporn für mich dar, euphorisch im Plattenladen nach dem entsprechenden Coverartwork zu suchen. Aber dafür können die Jungs von FAKE PROBLEMS ja nichts. Und jetzt, da ich nun mal gezwungen bin, mich näher mit dem mittlerweile dritten Album der vier Floridaner zu beschäftigen, werde ich über diese grundlegenden Differenzen zwischen meiner und deren Auffassung von wirklich interessanten Musik-Genres natürlich hinwegsehen und versuchen, die vorliegende Platte mit den Augen eines Fans von THE GASLIGHT ANTHEM oder auch AGAINST ME! zu betrachten.

Denn ein Freund der eben genannten oder vergleichbarer Formationen wird vermutlich auch an FAKE PROBLEMS Gefallen finden. Wobei das sympathisch ausgelassene Quartett aus Florida für meine Ohren noch eine Stufe beschwingter und auch irgendwie softer klingt. Das Hauptaugenmerk liegt hier definitiv auf sanften und harmonischen Melodien. Melodien, die im Ohr hängen bleiben sollen und dies teilweise sogar schaffen. Genau richtig, um an einem der bedrückend wenigen deutschen Sommertage mit Kopfhörern durch die Stadt zu hüpfen und sich ein leckeres Eis zu kaufen. Zitrone vielleicht. Oder doch lieber Erdbeere? Ganz egal. Hauptsache, der süßliche Fruchtgeschmack verdrängt die bitteren Problematiken des Alltags. Denn Probleme braucht doch kein Mensch. Zumindest keine echten. Für sowas gibt es doch die FAKE PROBLEMS. Die sind nicht so stressig, müssen nicht gelöst werden und schlagen auch nicht im Geringsten auf das geplagte Gemüt. Ganz im Gegenteil! Die FAKE PROBLEMS sind Balsam für die Seele und werden ganz sicher bald verantwortlich für den Weltfrieden sein...

Nun gut, vielleicht habe ich es gerade mit der Empathie etwas übertrieben. Möglicherweise wird selbst ein eingefleischter Indie-Aner nicht unbedingt auf der Stelle mit der Errichtung eines Schreines beginnen, wenn er „Real Ghosts Caught On Tape“ hört. Doch ich muss ja wirklich zugeben, dass mich einige der Singalongs darauf tatsächlich mitgerissen haben. Gleich der Opener „ADT“ gibt dem geneigten Hörer Anlass zum Tanzen, was jedoch vom ausgesprochen mitreißenden „5678“, welches darauf folgt, noch um Längen getoppt wird. Vor allem live wird dieser Track mit seinem einnehmenden Mitklatsch-Refrain ganz sicher ordentlich abgehen. Damit wäre dann aber auch schon annähernd das gesamte Repertoir an musikalisch ausgelebter Power ausgeschöpft. Denn Geschrei, Geschrammel oder sonstiges Abgeh-Potential, wie es Genrekollegen wie beispielsweise THE HIVES gerne mal an den Tag legen, sucht man bei den FAKE PROBLEMS vergebens. Hier regiert die Harmonie. Das ist doch auch mal was.

Die folkigen Gitarren dudeln unbeschwert diverse Melodien vor sich hin, ohne jemals in auch nur annähernd wilde Töne abzurutschen, während die Rhythmus-Fraktion eine nicht viel mehr als begleitende Rolle einnimmt. Über allem steht natürlich der Gesang von Frontmann Chris Farren, der selbst für Indie-Verhältnisse teilweise recht hoch angesetzt ist. Das passt jedoch auch recht gut ins Gesamtbild, denn tonnenschwere Hoden wollen die Jungs mit ihrer Mucke ganz offensichtlich sowieso nicht beweisen. Muss ja auch nicht sein. Was sie jedoch bewiesen haben, ist ein gewisses Gespür für eingängige Melodien. Wobei ich da auch schon penetranteren Ohrwürmern Asyl geboten habe. Leider zündet bei Weitem nicht jeder Track auf „Real Ghosts Caught On Tape“ und viel verschwindet nach kürzester Zeit wieder aus dem Gedächtnis. Etwas mehr Tanzbarkeit wie etwa im lebhaften „Soulless“ hätte hier sicher nicht geschadet. So jedoch wird das Gesamtbild ein wenig von Langeweile überschattet...

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