Evanescence - Evanescence

evanescence-st

Stil (Spielzeit): Alternative Metal (47:00)
Label/Vertrieb (VÖ): EMI (07.10.11)
Bewertung: 7,5/10

evanescence.com

Amy Lee ist wieder da! Fünf lange Jahre hat sich die EVANESCENCE-Frontfrau Zeit mit neuen Kompositionen gelassen, manch einer dachte schon an das Ende der Band, die mit „Fallen" einen so großen Aufstieg hatte und mit einer deutlichen Stiländerung auf „The Open Door" viele Neufans gewann, aber auch Altfans verlor. Mit Gitarrist Troy McLawhorn stieß in diesem Jahr das neueste Bandmitglied zu EVANESCENCE, ansonsten ist das Quartett seit 2007 unverändert: Bassist Tim McCord, Drummer Will Hunt und Gritarrist Terry Balsamo komplettieren die einstige amerikanische Sensation, die sich mit ihrem selbstbetitelten vierten Album (wenn man „Origin" mitzählt) eindrucksvoll zurückmelden will.

Eindruck hinterlässt „Evanescence" bereits mit dem Opener „What You Want", einem der besten Albumtracks. Simpel, aber geradeaus und mit typischer, hochmelodischer Bridge plus eingängigem Chorus versehen, begeistert der Song vom treibenden Beginn an bis zur emotionalen Explosion am Ende. „Made Of Stone" klingt düsterer, ist ein leicht disharmonischer Brocken mit kurzem Gitarrensolo, aber kein Höhepunkt. Dafür klingt „The Change" mit typischem EVANESCENCE-Beginn, Dramatik und einem hörenswerten Chorus wieder klasse, auch „My Heart Is Broken" (nach einem verzweifelten Piano-Beginn eine treibende Nummer mit sehr melancholischem Refrain) und „The Other Side" mit Ohrwurm-Qualitäten lassen den Daumen des Hörers steil nach oben zeigen.

Kleines Zwischenfazit: Die Riffs sind simpel und hart, die Stimmung düsterer als je zuvor, die Piano- und Bombast-Einsprengsel klingen unverkennbar nach EVANESCENCE. Die Produktion ist verdammt fett und rückt Amy Lees Stimme in den Mittelpunkt – manchmal vielleicht etwas zu sehr, dann kommt es einem so vor, als sei die instrumentale Begleitung eben nur das: Eine Begleitung zum „Hauptinstrument", den Vocals. Allerdings ist das nichts wirklich Neues, denn Amys wandelbare, voluminöse und hochmelodische Stimme war schon immer Mittelpunkt des EVANESCENCE-Soundkosmos'. Diesmal ist das eben noch ein wenig mehr der Fall. Generell gehen Amy und ihre Jungs straighter zu Werke als auf „The Open Door", nicht mehr so zerfahren und opulent, aber leider auch nicht immer so wunderschön harmonisch und melodisch wie auf „Fallen". „Evanescence" bewegt sich irgendwo zwischen diesen beiden Alben, klingt aber gleichzeitig neu.

Machen wir noch mit einigen Songs weiter: „Erase This" ist ziemlich flott, episch angelegt und besitzt einen kräftigen, ins Ohr gehenden Refrain, mit „Lost In Paradise" erwartet den Hörer die erste Ballade des Albums. Der Song ist kein „My Immortal", aber nicht weniger schön und emotional. Amy geht völlig aus sich heraus – einer der besten Albumtracks. Was man von „Sick" nicht gerade behaupten kann: Die Nummer ist der schwächste „Evanescence"-Track, auch „Oceans" und „Never Go Back" zählen nur zur „Joa, ganz ok, aber irgendwie..."-Kategorie. Im Gegenzug wartet mit „End Of The Dream" noch eine gute Nummer mit heißgeliebten Melodien auf den Hörer, der hypnotische Bass am Anfang taugt zur Untermalung eines Films wie „Sucker Punch". „Swimming Home" schließlich, der letzte Albumtrack, stellt mit seiner süßen, ruhigen Atmosphäre und elektronischen Anleihen eine ziemliche Überraschung dar. Sehr untypisch, aber wunderbar friedlich.

Halten wir also fest: „Evanescence" ist vielleicht kein solcher Meilenstein wie damals „Fallen" und nicht mehr als ein richtig gutes Album. Aber, und das ist viel wichtiger, es ist auch keinesfalls weniger als das und bietet für Altfans und Neueinsteiger genügend hochwertiges Material, um sofort wieder in Amy Lees Welt versinken zu können.