Stil (Spielzeit): Rock/Metal (50:45)
Label/Vertrieb (VÖ): Atlantic/Warner (29.08.05)
Bewertung: Staind wie wir sie kennen und mögen (7,5/10)
Link: http://www.staind.com
Staind, die Meister der zelebrierten Hoffnungslosigkeit im modernen Rock, legen mit „Chapter V" erneut eine wertvolle Perle voller eingängiger Härte und zarter Zwischentöne vor, die einmal mehr nur so vor nach außen gekehrter Innerlichkeit strotzt.
„Es ist das fünfte Kapitel in einem sechs Jahre langen Buch und eine Geschichte von Gefühlen und Eindrücken aus dem Leben", erklärt Frontmann Lewis, der nach wie vor von menschlicher Schwäche, Selbstzweifeln und den überwiegend dunklen Aspekten des Lebens singt. „Die persönlichen Songs sind für mich ein Weg, Dinge aus mir herauszubekommen, die ich niemandem ins Gesicht sagen möchte. Ich bin schlecht darin, Gefühle mit mir selbst abzumachen. Ich halte sie zurück, bis ich explodiere. Und ich glaube, es ist besser für mich und für alle in meiner Umgebung, wenn ich sie in Texte kleide." - Texte, die an wenigen Stellen neuerdings auch Hoffnung transportieren vor ansonsten stets melancholisch-trüb verhangenem Himmel. So heißt es in „Right Here": „I know I've been mistaken, but just give me a break and see the changes that I've made...". Und was ist mit den musikalischen "changes"?
Nachdem der Vorgänger „14 Shades Of Grey" zum zweiten Billboard-No.1-Album wurde, glaubten Staind, ihren Höhepunkt erreicht zu haben. Doch „Chapter V" klingt bei weitem nicht nach dem Album einer Band, welche ihre beste Zeit hinter sich hat. Dafür waren Veränderungen notwendig, wie Gitarrist Mike Mushok erläutert: „Wir haben Break The Cycle und 14 Shades of Grey mit Josh Abraham aufgenommen und sie haben uns umgehauen, aber wir hatten das Gefühl, dass es Zeit für Veränderungen wäre. Es gab immer eine Entwicklung von Album zu Album, und ich glaube, diesmal haben wir den größten Schritt getan. Wir konnten das, was wir machen, besser einfangen als je zuvor. Wir sind härter als früher, wenn wir hart sind, und wir sind melodischer, wenn wir melodisch sind, und sanfter, wenn wir sanft sind. Die Songs sind komplexer, man hört jedes Mal etwas anderes heraus. Beim ersten Mal vielleicht die Riffs, dann die Texte und die Melodie, und irgendwann noch andere Dinge, die weiter im Hintergrund stehen." Diese Aussage kann man einwandfrei so stehen lassen, auch wenn die neuen Songs natürlich nicht plötzlich durchgängig zu Hits mutiert sind.
Technisch hat man länger gefeilt, sich bei den Aufnahmen und dem Songwriting viel Zeit genommen, um persönlich das perfekte Endergebnis zu erzielen. Die Fans werden es bestimmt lieben, doch bleibt - wenn man so will - letztlich der kleine Makel, der bisher an allen Staind-Alben haftete: Nicht alle Songs können sich aus dem guten Mittelmaß herausschaufeln bzw. vollends überzeugen. Das liegt zum Großteil an dem stetigen Wechselspiel zwischen hart und harmlos; hin und wieder hätte ich mir schon gewünscht, dass Staind endlich einmal alles auf eine Karte setzen und einfach kompromisslos bolzen. Denn dass sie nach wie vor auch die harschen Töne beherrschen, beweißt beispielsweise der leicht disharmonische Brecher-Anfang von „Paper Jesus". Doch war dies nicht seit Längerem schon Markenzeichen der vier Jungs aus Springfield, Massachusetts? Dass sie stets die Balance bewahren und dem bedachten Leisen Vorfahrt vor dem Lauten, Unkontrollierten gewähren?
Eine Band schält sich nicht mal so eben aus ihrer Haut heraus. Staind haben an sich gearbeitet, das hört man. Ob diese Arbeit aber weit genug ging, das müssen die Hörer entscheiden, und ich für meinen Teil halte „Chapter V" für ein weiteres starkes Album, das vielleicht kein herausragend großer Wurf, auf alle Fälle aber ein wunderbares Stück Musik für ruhigere Stunden geworden ist.
Chris
Als Kind der 90er liebe ich Grunge und Alternative Rock – meine bevorzugten Genres sind aber Death, Groove, Dark und Thrash Metal. Ich kann Musik und Künstler schwer voneinander trennen und halte Szene-Polizisten für das Letzte, was Musik braucht. Cool, dass Du vorbeischaust!