Dreimillionen - Aus Glas und Wein

Dreimillionen - Aus Glas und Wein
    Deutschsprachiger Indie-Rock

    Label: Redfield Records
    VÖ: 30.11.2018
    Bewertung:5/10

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Wer kennt diesen Moment, wenn man in sein Auto steigt, das Radio anmacht und zwischen nervtötenden Elektrobeats und den „Charts“ wählen kann? Für mich fällt die Wahl dann meistens doch auf die Charts und irgendwo zwischen HERBERT GRÖNEMEYER und HELENE FISCHER finden sich entsprechend neue deutsche Pop-/Rock-Künstler. Der Trend für deutschsprachige Musik scheint in den letzten Jahren wohl wieder gestiegen zu sein, was eigentlich ganz cool ist, aber oft irgendwie in die Hose geht.

Pseudopoesie als neuer Trend

Deutschsprachige Songtexte sind besonders schwierig zu schreiben – man hat die Wahl zwischen peinlich, pseudopoetisch (auch irgendwie peinlich) und genial (siehe DIE TOTEN HOSEN, DIE ÄRZTE und HERBERT GRÖNEMEYER). Die Indie-Rock-Band DREIMILLIONEN hat die Herausforderung angenommen und steht zu ihren deutschen Lyrics – jedoch immer bemüht, es so wenig peinlich wie möglich werden zu lassen.

Besonders lange gibt es DREIMILLIONEN noch nicht. Haben sie 2015 gerade mal ihre erste EP „Aus Gold“ veröffentlicht, folgt nun bereits die Veröffentlichung eines ganzen Albums über Redfield Records, bei denen sie unter Vertrag stehen.
Musikalisch sind die vier Jungs dem melodischen Indie-Rock zuzuordnen, der nicht nur durch eingängige Melodien stundenlange Ohrwürmer verursacht, sondern zudem gute Laune verspricht.

Instrumentell eher wenig spektakulär, ist auch nicht wirklich ein Signature-Sound der Band auszumachen. Gesanglich wird aber auch vor den hohen Tönen nicht zurückgeschreckt, sondern viel eher auch mal experimentiert, was definitiv noch ausbaubar und gezielt einsetzbar ist. Ein wenig Diversität wird dann mit einigen Metal-ähnlichen „Schreien“ erzeugt, die ebenfalls super Potenzial bieten.

Viel wichtiger auf dem Album „Aus Glas und Wein“ sind aber entsprechend die Lyrics. Ein wildes Gemetzel aus reinen und unreinen Reimen lassen das ganze Konstrukt sehr lebendig wirken und vermitteln nicht nur ein sympathisches Bild der Band, sondern lassen das Gesagte authentisch wirken.

Wie aber schon an den Songtiteln (z.B. „Ikarus“, „High“ und „Bonnie und Clyde“) erkennbar ist, hatten DREIMILLIONEN die Wahl zwischen innovativen aber peinlichen Texten und standardisierten Floskeln, die zwar weniger peinlich sind, aber jeglichen guten Eindruck wieder schwinden lassen. Phrasen wie „Lasst uns Mittelfinger heben gegen das Verliererleben“ sollen wohl eine musikalisch unanspruchsvolle Jugend mitreißen, was bestimmt auch gut ankommt – aber nicht bei Menschen von einem Alter von über 16 Jahren.

Insgesamt ist „Aus Glas und Wein“ ein eher wenig spektakuläres Album, das zwar vollgestopft ist mit glücklicher und aufbauender Musik, die aber durchweg wenig Abwechslung zeigt. Es ist eine von vielen Radiobands, die keinerlei Wiedererkennungswert haben.

Ist „Aus Glas und Wein“ ein gutes Album?

Aus meiner Perspektive betrachtet ist es eine Scheibe, die völlig in Ordnung ist, die aber viel, viel Verbesserungspotenzial und dies auch nötig hat. Eingängige Melodien und schöne Texte reichen manchmal dann doch nicht aus.

Tracklist

Aus Glas und Wein
Ikarus
Lass Dich Fallen
Sternedinner
Gift
High
Tunnelblick
Medaillen
Bonnie und Clyde
Nebel

Nana

Stile: Atmospheric Black Metal, Stoner Rock, Melodic Death Metal, Metal-/Deathcore, slavischer Postpunk, Synth-Pop

Bands: Altin Gün, Agar Agar, Boy Harsher, Children of Bodom, Mars Red Sky, John Maus, Lorna Shore, Jonathan Hulten, Myrkur, Molchat Doma, Polyphia

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