Nachtmystium: Addicts - Black Meddle Part II Tipp



Stil (Spielzeit): Black/Progressive/Avantgarde Metal (48:01)
Label/Vertrieb (VÖ): Candlelight Records (23.06.10)
Bewertung: 9,5/10

Link: http://www.myspace.com/nachtmystium

Nach dem unglaublich starken "Assassins: Black Meddle Part I" konnte man sich als Anhänger des avantgardistischen und grenzoffenen Black Metals nur auf den zweiten Teil "Addicts" freuen. NACHTMYSTIUM sind mit keiner mir bekannten Band vergleichbar. Was die Amerikaner auch auf ihrem neuen Album abziehen, spottet erneut jeder Beschreibung. "Black Meddle Part II" ist ein gottverdammtes Meisterwerk in einem genreübergreifenden Bereich, der nur noch in der Grundsubstanz etwas mit altbekanntem Black Metal zu tun hat und darüber hinaus von melodischen, rockigen, ja sogar elektronischen Elementen geprägt ist.
Magische Momente gibt es auf dieser CD genug, und es kommt einem so vor, als entdecke man bei jedem Hördurchgang neue Facetten. Manchmal ist es ein ganzer Song, der einen komplett in seinen Bann zieht, manchmal sind es nur ein paar Sekunden, die das Universum anhalten, wie z.B. die fantastischen Gitarrenleads in dem mächtigen Opener "High On Hate" oder der zum Heulen geile Refrain von "Then Fires", für den sich einfach keine adäquaten Worte finden lasen. Das melodische "Nightfall", das durch schräbbelige Gitarren, melodischen Gesang und den fantastischen Refrain besticht, zeigt erneut auf, dass NACHTMYSTIUM auf sämtliche stilistische Grenzen scheißen. Klar, dunkler Metal und die typische Rockattitüde sind Grundelemente des Bandsounds, aber bereits der zweite Song nach dem Intro zeigt, dass man nur noch im weitesten Sinn von einer Black Metal-Kapelle reden kann. Vollständig zerstört wird diese Schubladeneinteilung mit dem nachfolgenden "No Funeral", das mit hypnotischen elektronischen Elementen und einer Dramatik und Epik, die einem Schauer über den Rücken jagt, ganz neue und unbekannte Facetten der Amerikaner aufzeigt. Engstirnige Hören werden sich natürlich fragen, wie avantgardistischer Black Metal und Electro zusammen passen, aber für solche Pappnasen ist "Addicts" eh nicht kreiert worden. Hier werden Grenzen gesprengt und in anderen Dimensionen auf unnachahmliche Art wieder zusammengeführt. Das ist wahre Kunst; hier zeigt sich, was es heißt, abwechslungsreich, variabel und stilistisch offen zu sein. Diesen Anspruch auf eine Art wie NACHTMYSTIUM zu erfüllen und dabei trotzdem immer eine Metalband zu bleiben – das schaffen nicht viele Combos.

Der treibende Titelsong, in dem Blake Judd im Chorus ein wenig wie Lemmy klingt, ist ein weiterer Höhepunkt einer Scheibe, die neue Maßstäbe im Bereich des leicht düsteren, avantgardistischen Metal setzt. Mit dem schwerfälligen, wieder mehr elektronischen und von langen Instrumentalpassagen beherrschten "The End Is Eternal" und dem abschließenden "Every Last Drop" (Akustikgitarren, langsamer Doom Metal, orientalisch anmutende "Chöre", hypnotische Gitarren: das amerikanische Trio bietet noch einmal das ganze Paket) werden noch zwei sieben bis acht Minuten lange, düster-schwarze Epen präsentiert. Dazwischen stehen mit "Blood Trance Fusion" (zuerst bedrohlich und krank, dann fast schon Thrash-mäßig flott) und dem erstklassigen "Ruined Life Continuum" (wieder melodischer und mit einem gewohnt superben NACHTMYSTIUM-Refrain versehen) zwei Nummern, von denen die erste zwar nicht ganz mit der Genialität der ersten sechs Songs mithalten kann, aber nur minimal schwächer ist.

Auf diesem Album passt alles zusammen: die Instrumentierung (inklusive einiger der besten und gefühlvollsten Gitarrensoli der letzten Zeit), der meist kehlige, selten überraschend klare Gesang und das Songwriting greifen bis ins kleinste Detail harmonisch ineinander über. Selbst die raue Produktion, welche die sehr rockigen, trockenen Gitarren und den deutlich wahrnehmbaren Bass weit in den Vordergrund stellt, fügt sich nahtlos in dieses Gesamtkunstwerk ein.

Kaum zu fassen, dass hinter dieser unfassbar überragenden Scheibe nur drei Amerikaner stecken, die mal eben sämtliche Metal-Konventionen links liegen lassen und sich einen Scheißdreck um Trends und festgefahrene Stile kümmern. "Addicts" ist gleichzeitig pechschwarz wie wunderschön, hart wie melodisch, drogengeschängert wie völlig klar, nebulös wie sonnig. "Addicts" ist nicht mehr und nicht weniger als ein neues Meisterwerk des Heavy Metals düsterer Prägung.

Chrischi

Stile: Metal und (Hard) Rock in fast allen Facetten

Bands: Metallica, Pearl Jam, Dream Theater, Iron Maiden, Nightwish ...