Geschrieben von Manuel Mittwoch, 12 Januar 2011 19:44
Transcending Bizarre? – The Misanthrope’s Fable Tipp
Stil (Spielzeit): Symphonic/Avantgarde Black Metal (46:12)
Label/Vertrieb (VÖ): Dissonart Productions (19.11.10)
Bewertung: 9/10
Links: http://www.transcendingbizarre.com
http://www.myspace.com/transcendingbizarre
Seit gut zehn Jahren bauen die Griechen von TRANSCENDING BIZARRE? musikalische Geisterbahnen. Mit Schmackes und melodischen Schauermärchen haben sie im Untergrund schon einige Freunde gefunden und dürften mit ihrem dritten Longplayer weitere hinzugewinnen.
Diese Mal ist es nicht der Teufel – zumindest nicht auf den ersten Blick – es ist René Descartes. Obwohl die Thematik natürlich trotzdem in Gut und Böse ausartet. Ich kenne mich zwar nur bedingt in den cartesianischen „Mediationen" aus, aber der Zweifel an allem, außer dem eigenen Ich, wird hier von den Griechen als die Erkenntnis der eigenen Existenz in ihrer eigenen Wertlosigkeit als ziemlich negativ interpretiert. Doch genug der Philosophie, rein in die Musik – denn die ist genauso interessant.
Nach der horrorfilmartigen Einführung beginnt das Hörspiel mit wunderbar schwarzem Geschredder und Gekrächze. Ein plötzlich einsetzender Chorgesang wird auf die Bühne gestellt und das synthetische Orchester schießt zwischendurch aus allen Rohren. Positiv zu vermerken ist, dass trotz des Bombasts die Gitarrenriffs meist ihre Chance bekommen und nicht vollkommen untergehen.
„Envisaging The Heal Planet" fördert einen Kinderchor zutage und hat träumerisch schöne Soli zu bieten. Der oftmals theaterhaft grimmige, melodische Gesang zeigt einen weiteren Happen der Klangvielfalt, die hier geboten wird. Man entdeckt immer neue Facetten, muss sich aber nicht durchbeißen, um sich am Ende zu fragen, was hier gespielt wird. Denn einen mantraartig ausgedehnten Lalala-Chor mit Stimmen von Hexen, Teufeln bis unschuldigen Engelsstimmchen kann man auch einfach genüsslich über sich ergießen lassen, ohne denken zu müssen, welche Kadenzen von der Leadgitarre gerade darübergelegt werden.
Zu den Inhalten will ich noch kurz hinzufügen, dass ich mir nicht sicher bin, ob Descartes von Gott gewollte Kindsmorde befürwortet hat. Auch wenn in jedem Stück Zitate von Descartes eingefügt sind, bezweifle ich manche Auslegungsweise. Wie dem auch sei, es gibt anscheinend guten Stoff her, um ein schwarz-gruseliges Musikstück zu kreieren. Denn das ist TRANSCENDING BIZARRE? sehr gut gelungen.
Auch wenn Jazz-Rhythmen eingeflochten werden, viele orchestrale Parts auftreten und Stimmen in allen Variationen die Story erzählen, wirkt „The Misanthrope's Fable" nie so überladen, dass man abschalten müsste. Wer DIMMU BORGIR-Pathos in ausgefallener Version mag oder dem tollen Album „The Great Maddening" von LE GRAND GUIGNOL etwas abgewinnen kann, der sollte sich diese griechische Platte unbedingt zulegen.
Manuel
"Größtenteils harmlos."