Enslaved - RIITIIR Tipp


Enslaved - RIITIIR - Artwork

Stil (Spielzeit):
Extreme Metal (67:13)
Label/Vertrieb (VÖ):  Nuclear Blast (28.09.12)
Bewertung: 9/10

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Zwei Jahre nach dem Erfolgsalbum "Axioma Ethica Odini" legen die Norweger von ENSLAVED mit ihrem neuen Werk "RIITIIR" ordentlich nach. Zeichnete sich der Vorgänger schon durch überdurchschnittlich lange, von sphärischen Riffs geprägte Songs mit einem bombastisch guten Titeltrack aus, wurde dies auf "RIITIIR" nochmals weiterentwickelt.

Schon der erste Song der neuen Scheibe, "Thoughts Like Hammers", zeigt mit seiner Dauer von 9 Minuten 30 Sekunden buchstäblich, wo der Hammer hängt. Ein düsteres und schnelles Intro, welches sich schmerzhaft steigert, läuft in ein langsames, spannungsaufbauendes Riff aus. Dann wechseln sich leicht groovige Parts mit brachialen ab, wobei Keyboarder und Sänger Herbrand Larsen gleich den Facettenreichtum seines Klargesangs zeigt. Die brachialen Momente des Songs werden dagegen von Blutkehle Grutle Kjellson untermalt. Wer sich von diesem ersten Song nicht mitnehmen lässt, auf die Reise in die Welt von ENSLAVED, ist selbst schuld. Nicht umsonst gehört die Band seit ihrer Gründung 1991 zur Speerspitze des Viking und Extreme Metals.

"Roots Of The Mountain" wartet mit einer mitreißenden und komplexen Gitarrenklangwelt auf, wofür sich Gitarrist Ivar Bjørnson wirklich auf die Schulter klopfen darf. Schnelle, schwarzmetallisch angehauchte Parts durchbrechen immer wieder die spannungsgeladenen, ruhigeren Parts, wobei Herbrand Larsen stimmlich einfach extrem gut drauf gewesen zu sein scheint. Wahnsinn, dieser Wechselgesang! Auch dieser Song bleibt nicht unter 9 Minuten.

Der Titeltrack "Riitiir" ist auch geprägt von dieser speziellen Dynamik, dem Wechselspiel zwischen dem Rauen und dem Sanften. Der Cleangesang wirkt hier melancholisch und bald bricht wieder die düstere Seite durch. Diese Symbiose, die die Instrumentalisierung mit dem Gesang und der widerzuspiegelnden Stimmung eingeht, bereitet wirklich Gänsehaut und nach vielen musikalischen Enttäuschungen in diesem Jahr ist dieses Album einfach mal wieder der Bringer. Die Befürchtung, dass die cleanen Parts die gutturalen zu verdrängen scheinen, und diese vielleicht sogar immer weniger werden, wird durch diesen Song abgewehrt.

"Storm of Memories" hält zunächst den Gesang sehr im Hintergrund und baut die düstere Atmosphäre, die perfekt für die kommenden düsteren Herbsttage ist, weiter aus. Schließlich macht Grutle Kjellson wieder lautstark auf das Hereinbrechen der Düsternis aufmerksam, immer wieder unterbrochen von Herbrand Larsens sphärischem Gesang. "Forsaken" der letzte Song und für mich zugleich das Glanzstück der Platte, ist stolze 11 Minuten 14  Sekunden lang, wobei ENSLAVED noch einmal alle Facettengeschütze auffahren. Hier ist zunächst nur Grutle zu hören, wobei das Grundriff eher groovig ist und dabei die oft auch nur gesprochenen Textfetzen bestens in Szene setzt. Ruhige Keyboardklänge markieren den Break, schrittweise schalten sich die anderen Instrumente mit ein und alles löst sich in einem Klangspektakel auf, bevor es erneut äußerst ruhig und schon fast psychedelisch wird. Nun hat Herbrand seinen Einsatz, wobei die Stimmung nun an die traurige Resignation nach einem verlorenen Kampf erinnert und so langsam ausklingt...

Mancher langjähriger ENSLAVED-Hörer mag, wie ich, vielleicht ein paar Durchläufe brauchen, bis er in der Komplexität des Albums dessen Genialität entdeckt, aber der Versuch lohnt sich. Ob "RIITIIR" seinen Vorgänger übertrifft, muss jeder für sich selbst entscheiden, auf jeden Fall reicht es daran heran.