AGRYPNIE sind eine Ausnahmeband, ausdrucksstark und beeindruckend. Was 2004 als Soloprojekt aus der Asche von NOCTE OBDUCTA entstand, hat sich längst zum Garant für tröstende Tristesse in Form von Black Metal mit deutschen Texten und angenehm epischen Ausschweifungen entwickelt. Nun liegt mir das neuste Werk namens „Aetas Cineris" vor, was frei übersetzt soviel wie „Das Zeitalter der Asche" bedeutet.
Was AGRYPNIE so magisch macht, ist nicht nur der Wechsel zwischen herzzerreißenden Schreien und behutsam aufgebauten, warmen Melodiebögen, sondern diese gewisse Schwerelosigkeit, in die einen die dichte Atmosphäre umgehend einwebt. Die Texte sind treffend und manchmal verhältnismäßig knapp, trotz dramatischem Vortrag immer sehr gut verständlich, geben aber lediglich Denkanstöße und der Großteil wird von der Musik transportiert. Die Melodien bohren immer wieder in den geraden freigewühlten Wunden, sodass manches Blastgewitter als heilsam und entspannend empfunden wird, da die Emotionen endlich fließen können.
Bei AGRYPNIE verliert man jedes Zeitgefühl, hat aber Vertrauen, dass kein Ton, kein Aufbau und keine Wiederholung zu viel ist, sondern dem Stück einen Mehrwert gibt. Die Songdauer von acht bis über elf Minuten ist nötig, damit AGRYPNIE sich und ihre unvorhersehbaren Arrangements voll entfalten können. Zum Ende bäumt sich fast jeder Song nochmal auf und zeigt eine versöhnliche oder niedertrampelnde Facette.
Geführt wird die Band unter Dark Metal, allerdings reißt das nicht ansatzweise an, was man bei AGRYPNIE geboten kriegt. Breite, kalte Riffwände wechseln sich mit anschwellenden, todtraurigen Melodien ab, umgehend einnehmend, authentisch und fordern. Weitere Akzente setzen die Keyboardsounds, die tatsächlich nur sublimieren und niemals zu wabernd oder zu dünn sind. Für das Stück „Kosmos [Alpha]" wurde ein Teil der Musik von Ambient-Künstler Mathias Grassow beigesteuert.
Bemängelt wird manchmal der Einsatz eines Drumcomputers, der mir persönlich nicht störend auffällt und sich live durch die Präsenz eines tatsächlichen Drummers erledigt. Dem gegenüber stehen gleich drei Meister der Saiten, die auf „Aetas Cineris" die komplette Bandbreite abfeuern und das Album über dynamisch drückend zu melodiös verspielt führen. Auf einzelne Stücke einzugehen ist sinnlos, diese in ihre Einzelteile zu zerlegen ebenfalls.
„Aetas Cineris" ist mit seinem knapp 78 Minuten Spielzeit ein Meisterwerk geworden: Fesselnd, brutal, klirrend kalt und trotzdem so herrlich stärkend. Mein erstes wirkliches, musikalisches Highlight im noch jungen Jahr!