Habt ihr nicht schon genug? Habt ihr nicht schon Stile gemischt, die eigentlich nicht zusammenpassen dürfen? Nein! Westerncoolness, fette Männerchöre, Thrash Metal, Klavier (kein stoisches Tastengehämmer wie bei „Blodtørst" vom Debüt!), Bongos, Grunge („Nekrokosmos") und noch einen Klacks konsequentere Akustikgitarrenparts haben gefehlt, im kvelertakischen Chaotenkunstwerk!
Mit Kurt Ballou und John Dyer Baizley haben KVELERTAK auf bewährte Weggefährten von 2010 zurückgegriffen und können somit wieder ein kreatives Cover und eine massive Produktion vorweisen. Während uns beim selbstbetitelten und hochgelobten Debüt noch überfallartig „Kvelertak" entgegengeschmettert wurde, sind die Norweger diesmal deutlich zurückhaltender im Opener. Aber nicht weniger garstig, und Blastbeats gibt es auch schon zur Begrüßung, dazu Sludgegitarrensound vom Feinsten, nacheinander beigemengt und somit stetig anschwellend. Gänsehaut an den Armen von Anfang an - so muss das! „Apenbaring" bedeutet Offenbarung und KVELERTAK wecken sofort die Hoffnung, dass „Meir" noch besser werden könnte als der Vorgänger.
Wie unverschämt genial dürfen Gitarren klingen? Vidar Landa, Bjarte Lund Rolland und Maciek Ofstad bilden das Gitarrendreigestirn und bedienen jede Variation, die man sich als Rockfan wünscht. Rotzig dreckig, wehmütig, dynamisch druckvoll, weitausholend oder beeindruckend frickelig? Bei KVELERTAK gibt es mal wieder alles in rauen Mengen, tendenziell werden die Riffs langsamer hochgeschraubt. Und immer drüber der leicht hysterische Gesang, vorgetragen von Erlend Hjelvik. Der rotzt und kreischt mal wieder, als ob es kein Morgen gäbe. Ich verstehe natürlich kein Wort, allerdings habe ich auch nicht das Bedürfnis, tief in die Lyricwelt einzutauchen, denn die Band brennt ganz deutlich über die Musik.
Das vorab veröffentlichte „Bruane Brenn" war ein treffender Hinweis auf das neue Album. Irgendwie sind sie konkreter geworden im Songwriting, lassen der Musik mehr Platz zum Atmen und sind trotzdem noch genauso trotzig mit dem Kopf durch die Wand, wie beim Debüt (eigentlich Zweitwerk, wenn man das Demo mitzählen mag...).
Am besten gefällt mir „Snilepisk", schweißtreibend prügeln die Norweger tyrannisch auf uns ein, schlagen einen Haken zu schon fast orientalisch klingenden Gitarren. Ein Glöckchen ertönt und beendet die Atempause, sozusagen der Startschuss für Kjetil Gjermundrød, uns die dunkelschwarze Blastattacke entgegenzuschleudern. Ein Song, den man immer wieder hören kann und will. Endlich gibt es mit „Kvelertak" auch eine Bandhymne, eine rotzigrockige, basslastige Midtemponummer, Bassist Marvin Nygaard klingt übrigens sehr dominant auf „Meir". Ein Lied zum locker durch die Hose atmen, Fäuste in die Luft strecken und zum lässigen Schlagzeugbeat „Kvelertak" brüllen, während man das butterweichgeschmeidige Riff und anschließende Soli zum Niederknien gebührend abfeiern darf. Eine schweißtreibende, mitreißende und erfrischende Band! KVELERTAK schaffen es mal wieder Banger, Fister und Tänzer mit einem Album glücklich zu machen.
Während das erste Album zum Ende hin etwas abfiel, wird die Spannung nun über die komplette Albumlänge gehalten. Um „Meir" gänzlich zu erfassen, braucht man länger, aber die Songs brennen sich tiefer ein und hallen länger nach. Fans von KVELERTAK können sich den nächsten Würgegriff blind kaufen, Fans von Black Metal, Punk, Slugde, guter Rockmusik und wirklich gut gemachtem Stilmix sollten sich rantrauen. Die tun nix, die wollen nur spielen! KVELERTAK sind aber eigentlich mindestens ab diesem Album Pflicht für jeden Rockfan und somit „Meir" ein nachdrücklicher Kaufbefehl.
Mein Anspieltipp lautet eigentlich der komplette „Meir", aber für die, die es gerne genauer haben: Reinhören in die beiden schon fast psychedelisch angehauchten „Tordenbrak" (Donnerschlag) und „Nekrokosmos", die fluffige Fanhymne „Kvelertak" und das schmissige „Snilepisk"! Noch besser als auf Rille sind die Norweger übrigens nur live und praktischerweise sind KVELERTAK (für unter 20€!) momentan in Deutschland unterwegs. Nix wie hin und ab dafür!