Azentrius heißt auch Blake Judd und dürfte manchem von den amerikanischen Experimentier-Metallern NACHTMYSTIUM bekannt sein. Vor zehn Jahren bastelte der Pseudonymträger an einem Black Metal-Projekt, doch mehr als eine kleine Demo-Scheibe wurde es erst einmal nicht. Nun wurde der Ofen nochmals angeschmissen und das Debüt dreht seine Runden. Doch Anhänger von neueren NACHTMYSTIUM-Platten seien gewarnt – HATE MEDITATION ist anders.
Es geht die Treppe hinunter, der elektronische Hauch eines Gothicclubs schlägt einem entgegen. Man öffnet das Hauptportal und wird mit „The Deceiver And The Believer" modrig überwältigt. Wer druckvolles, modern klingendes Schwarzmetall mag und rumpelnden Old-School-Sound nicht ausstehen kann, sollte hier gleich wieder umdrehen. Wie komplex dieses Gerumpel ist spüre ich jedoch beim Schreiben dieser Rezension, denn immer wieder ändere ich Begriffe und Sätze.
Einzeln betrachtet klöppelt das Schlagzeug im Klang der alten Schule sehr variabel durch das Spektakel. Der bitterböse Gesang ist mit viel Hall belegt, als ob er aus einer anderen Welt herausschallt. Und die Sechssaiter variieren zwischen weit hallenden Klanglandschaften, zerberstenden Riffs und ständigen Disharmonien.
Während man im rasenden „Pure Rage" den Hassausbruch durch die Membran förmlich direkt übertragen bekommt, kommt im Achtminüter „End Times" die Wiederholung als zermürbendes Stilmittel zum Tragen. Doch neben brutaler Bösartigkeit und geiferndem Hass schaut auch der Zynismus vorbei, der zum Beispiel in „Genocide" seine hübschen Leadmelodien über die harmonische Kälte legt.
Wie in „Wrath And Revenge" wirken die Vocals zwar feindselig, doch oft – wie in „Scars" – auch verweifelt und anklagend. Unterstützt von vielen gemeinen Melodienführungen passt der Albumtitel sehr gut zur musikalischen Ausführung. Narben sind Ausdruck von Verletzung, schmerzlichem Geschrei, rasender Wut – und sie verschwinden bis zum Ende nicht.
Konsequent wird auch der Bandname HATE MEDITATION umgesetzt.
Zunächst war ich skeptisch, ob denn solch eine Produktion wirklich sein muss. Aber mit jedem weiteren Durchlauf offenbaren sich Klangdetails und die relativ langen Songs bieten genügend Abwechslung, um meditativ in die Welt des schwarzen Hasses abzutauchen. Weniger depressiv, sondern eher die Welt verneinend im ursprünglichen Sound der traditionellen Art ist „Scars" ein schön böses Album geworden.
Manuel
"Größtenteils harmlos."