Vier Jahre ist es her, dass FJOERGYN mit ihrem letzten Album „Jahreszeiten" wunderbar dieselben in Töne gossen. Vor zehn Jahren war Stefan L. noch alleine unterwegs, scharte dann aber nach seinem Debüt eine kleine Mannschaft um sich und bietet nun sein viertes Werk der Welt dar. Hintergrund dieses Albums ist eine Kurzgeschichte, die das Ende der Welt beschwört und höchst kritisch mit dem Menschen umgeht, der sein Schicksal selbst besiegelt hat.
„Und Gott sah, dass es gut war." So steht es geschrieben – allerdings nicht bei FJOERGYN. „Genesis 2.0" verheißt nichts Gutes, das spürt man. Als Einstieg in die kritische Auseinandersetzung mit dem Untergang der Menschheit wähnt man sich im Film „Terminator". Düstere Geräusche, beängstigende Gesänge und Klänge von schabendem Metall – so sollen wir untergehen – und dies ist erst der Anfang vom Ende.
In der „Betonlethargie" wandert der Erzähler durch eine leblose Stadt, in der die Natur keine Chance hat. Mächtige Gitarren walzen über die sanften einzelnen Töne, während das Orchester sich heranschleicht und der Geschichte einen ersten Klassikanstrich verleiht. Wirklich missmutig trifft man auf den Leiermann, der jedoch nur als Erinnerung existiert. Dunklen Gitarren werden behutsame Streicher an die Seite gestellt, die klassische Gitarre ergibt eine neue Fußnote im komplexen Instrumentarium, doch sterbenstraurig ist längst nicht jede Melodie.
Im „Monolog des Antichristen" rockt man das erste Mal straight nach vorne, auch wenn der schön krächzende Gesang von Stefan L. schon des Öfteren von härteren Saitenklängen flankiert wurde. „Thanatos" wird brachial, doch manchmal hat man das Gefühl, das Gaspedal und die Bremse werden gleichzeitig getreten und man wartet auf den Gewaltausbruch. Dieser äußert sich allerdings eher in orchestralem Bombast mit Blasts hinterlegt, der sich harmonisch längst nicht in Bösartigkeiten auslebt.
Ruhig und doch vor innerer Unruhe bebend strahlt das Orchester, bevor der „Antimensch" als heftige Eruption hervorbricht. Hier ist der Titel Programm und die Lyrics zeigen keine Gnade mit der Menschheit, deren Leben nichts wert ist. In „S.I.N" wird um Absolution gebeten und ein Weg gesucht, das Gute zu finden. Ein ausführliches Wechselspiel zwischen Saitenstreichern und Häckselgitarren verschwindet in entspannten Klängen, die den Hass etwas verstecken. Doch das folgende „Kyrie Eleison" ist nur die Ruhe vor dem Sturm, indem mit stimmlichen Verfremdungseffekten eine apokalyptische Stimmung beschworen wird.
Zu Beginn des Zwölfminüters „Monument Ende" wird ein cooler Groove ausgepackt, bevor die Doublebass den Takt angibt. Auch hier klappt natürlich die Vereinigung von Klassik und Metal, wie es FJOERGYN einfach sehr gut beherrschen, ohne in kitschige Romantik abzudriften. Doch inmitten der Wut gibt es viel Platz für die Trauer. Milde Farbtöne mit einem hübschen Solo laden zum Nachdenken ein, bevor die Welt monumental zerbricht. Danach ist Ruhe. Auch musikalisch im Song „-". Doch richtig schlimm klingt es nicht.
Lange dauert der Niedergang – etwas über eine Stunde. Stefan L. und seine Kumpanen haben hier ein wirklich monumentales Werk geschaffen, das wieder einmal mit tollen Texten punkten kann. Mehrere Gastsänger geben ihr Stelldichein, von Flüstern bis Kreischen ist alles zu hören und instrumental wird die Klassik sehr schön in metallischen Schallmauern verwoben.
Leichte Kost ist der Weltuntergang nicht gerade und es ist schwierig, sich einzelne Songs herauszupicken. Im Vergleich zu den vorherigen Werken wirkt hier noch mehr das Monument als Ganzes, was Durchhaltevermögen fordert. Black Metal-Elemente kommen zwar immer wieder vor, doch das Gesamtbild setzt nicht auf die blutige Brutalität anderer Truppen. Hier werden komplexe Harmonie-Gemälde entworfen, in die man eintauchen und sich dem allgmeinen Ende nähern kann. Und das war's dann. Schluss. Aus. Ende.
Manuel
"Größtenteils harmlos."