In Niedersachsen lebt man gierig. Vor sieben Jahren gaben dort vier Jungs ihrer Sehnsucht nach und rauften sich zu einer Band zusammen. Vor anderthalb Jahren kam ihr Debüt zur Welt und nun legen die Burschen weiter Holz ins Feuer. Mit einigen Gästen von Bands wie ORDEN OGAN, OBSCURITY oder gar dem Ex-Gitarrist von SAVATAGE wurde das neue Werk veredelt. Wie zuvor wird uns das neue Album in drei Sprachen verpackt schwungvoll entgegengeschleudert.
Gnadenlose Blasts pusten den Gehörgang durch, der russische Opener "Мик" lädt die Kanonen durch und ballert heftig los. Um das Trommelfell zu entspannen, gesellen sich melodische Leads dazu, die von derben Vocals umrahmt die Brutalität ein bisschen relativieren. Plötzlich packt man paganistischen Sound aus und nach einem sanft geklampften Intermezzo wird mit klarer Stimme gejodelt und gerockt.
Das folgende „Sons Of Rebellion" vereint rasende Black Metal-Parts mit ausgedehnten Keyboardharmonien. Der Härtegrad der Pagan-Parts lässt spontan den Namen MANEGARM aufblitzen. Im Folgenden wird es ebenso abwechslungsreich durch diverse Gesangsstile sowie Blasts und melodisches Rocken. Stakkato-Riffs und schwarzes Kreischen weben immer wieder schwarze Fäden in den folkigen Stoff, der angereichert mit Sprechgesang und Akustik-Klampfen vielfältige Gesichter hat. Dabei bleibt es meist spannend, doch die Strukturen in den oft sechs bis acht Minuten sind nicht immer leicht zu verfolgen.
In dem langen Track „In die Nacht hinein" befinden sich eine Menge hörenswerter Abschnitte, bei denen einerseits jeder seinen eigenen Charakter hat, andererseits alle plausibel aneinandergebastelt wurden. Sich wiederholende Melodeien eines ausführlichen Chorus' geben dem Zuhörer hier die notwendige Haltestange. Ein bisschen hymnisch-pompös kommt das folgende „Schwarze Flügel" daher, doch auch dies weist andere Facetten auf, wenn es als grooviges Stückchen dunkler Klänge die Haare schwingen lässt.
In „Breath After Breath" wird der Presslufthammer ausgepackt und tödliche Bleigeschosse reihen sich an düsteres Gehäcksel, das mit flotten Leads und ruhigen Fingerübungen aufgepeppt wird, die aber nicht allzu tiefe Rillen in den Ohren hinterlassen. Episch und schwergewichtig beginnt man zum Schluss in „Hellraiser", die Jungs geben nochmals ordentlich Zunder, bis man sanft im Fadeout entschläft.
Ambitioniert würde ich das Projekt von CRAVING nennen. Bei einem Gemengelage diverser Stilrichtungen mit zum Teil sehr ausführlichen Songs und einer Gesamtspieldauer von über einer Stunde bekommt man einiges geboten – vielleicht verliert man dadurch auch manchmal etwas die Übersicht. Für meinen Geschmack wäre hier ab und zu weniger mehr.
Es gibt jedoch auch genügend Hooklines, die sich wohlig in den Lauschern winden und für ausreichend rohes Fleisch ist auch gesorgt. „At Dawn" ist ein starkes Album, das für Folk-Fans mit harten Bandagen wirklich interessant ist.
Manuel
"Größtenteils harmlos."