Lange habe ich mir Zeit gelassen mit dem Review zu Bethlehems fünftem Album „Mein Weg" (Red Stream). Immer und immer wieder habe ich die zehn düsteren Songs durchlaufen lassen und überlegt, wie man dieser in lyrischer und musikalischer Hinsicht immens kreativen Band gerecht werden kann. Das Ergebnis: Man schafft es kaum, eher verirrt man sich in den poetisch-bizarren Texten, die mit wirren Allegorien über Tod, Schmerz, Zerrüttung und ... - ja über was eigentlich? - arbeiten, ganze Legionen von düsteren Gedanken und Assoziationsketten hervorrufen. Kurz: Mit der Interpretation und Auslegung dieses Textfundus wäre ein Deutsch-Leistungskurs problemlos mehrere Monate lang beschäftigt. Nebenbei, so manches erinnert an das Ein-Mann-Projekt Samsas Traum, die Qualität der Lyrics auf „Mein Weg" ist jedoch unvergleichlich besser und um noch einiges abgehobener, um nicht zu sagen: kränker.
Bethlehem lassen sich auch musikalisch nicht komplett einnorden, zwischen treibenden Black-Metal-Parts und harschen Metal-Riffs tauchen immer wieder auch doomig-schleppende bis melancholisch zarte, getragene Passagen auf, die mit ihren nahezu unschuldigen Melodien auch kompositorisch im wunderbaren Kontrast zum nicht minder atmosphärischen Rest stehen. Zudem ist die Band mit einem Sänger gesegnet, dem von tief grollend über herzerweichend schreiend bis hin zu klar singend (die Hidden-Track-Coverversion von Sinatras „My Way" ist wirklich erstaunlich gut) alle Facetten überzeugend von den Stimmbändern perlen.
„Mein Weg" ist somit ein ansprucsvolles, absolut empfehlenswertes Album. Wenn man sich denn auf das "Abenteuer" einlässt.