Energisch intonierende Kinderstimmen eröffnen das elfte Studioalbum: „ELOHIM“ (in der hebräischen Bibel die Bezeichnung für „Gott“) schallt es uns entgegen, und es ist offensichtlich, dass BEHEMOTH mit dem neuen Album auch neue und experimentellere Wege gehen. Chöre, Klargesang, Kirchenmelodien – „I Loved You At Your Darkest“ schlägt ein ums andere Mal harmonischere Töne an. Auch der Albumtitel, erstmals bestehend aus einem ganzen Satz, der gleichzeitig ein Bibel-Zitat von Jesus Christus ist, stellt ein Novum in der nun 27-jährigen Bandgeschichte dar – und gleichzeitig eine für BEHEMOTH typische Provokation.
Das Wort Gottes in der Kritik – BEHEMOTH bevorzugen das Okkulte
Doch bevor sich alteingesessene Anhänger angewidert abwenden: BEHEMOTH haben trotz der Experimentierfreudigkeit auf „I Loved You At Your Darkest“ nichts von ihrer Härte und Aggressivität verloren. So entfesselt das treibende „Wolves Of Siberia“ einen Blastbeat-Wahn, der auch auf dem Opus Magnum „The Satanist“ mühelos seinen Platz gefunden hätte. „Angelvs XIII“ und der instrumentale Schlusspunkt „Coagvla“ sind ebenfalls vor allem schnell, hart und brutal.
Inhaltlich sind BEHEMOTH weit von einem Schmusekurs entfernt, wie der Songtitel „God = Dog“ transparent macht – monotheistische Religionen und deren Interpretationen der Worte Gottes stehen im Zentrum der Kritik. Nergal liefert im Booklet zu jedem Song einen einleitenden Erklärungstext und hebt besonders den britischen Okkultisten Aleister Crowley (1875-1947) als eine seiner Inspirationsquellen hervor. Drastisches Artwork veranschaulicht Nergals Hang zur Selbstinszenierung und Theatralik.
Kontrovers, polarisierend und musikalisch ganz weit vorne
Ob man sich mit den antichristlichen Songtexten und Werten der Band identifizieren kann, muss jeder für sich entscheiden – außer Frage steht allerdings, dass das Dargebotene musikalisch von hoher Qualität ist.
Harmonische Härte heißt die Marschroute, die auch beim großartigen „Ecclesia Diabolica Catholica“ hörbar ist: Der Song besitzt aufgrund des eingängigen Chor-Refrains (Nergals Stimme mehrfach aufgenommen) und des akustischen Zwischenspiels trotz aller Schonungslosigkeit einen für BEHEMOTH-Verhältnisse fast schon epischen Charakter. Der hallende (Kirchen-)Chor-Gesang kommt auch bei „Bartzabel“ zum Einsatz und verleiht dem Song, der zunächst bedächtig-rhythmisch Spannung aufbaut, eine sakrale Note.
Herzstück des Albums ist der verkappte Titeltrack "ROM 5:8" (die Bibelstelle, die mit dem Albumtitel zitiert wird): Maschinengewehr-Drumming, verzerrte Gitarren, dämonisches Geflüster und ständige Tempowechsel – spätestens nach diesem Song ist eindeutig, dass BEHEMOTH die durch „The Satanist“ selbst gesetzte hohe Messlatte bestätigen können. Das Vorgängeralbum war eine einzige düstere, rasende schwarze Messe. Auf dem neuen Werk präsentieren sich BEHOMOTH dagegen vielseitiger, spielen mit verschiedenen Sound-Elementen und die Musik hat teils sogar punkige Züge („If Cruzification Was Not Enough“).
Veganes Hundefutter hin, polarisierende Instagram-Aufnahmen her – wer Willens ist, BEHEMOTHs Musik für sich stehen zu lassen, dem wird mit „I Loved You At Your Darkest“ erneut ein metallisches Meisterwerk präsentiert, an dem auch Beelzebub selbst seine dunkle Freude hätte.
Tracklist von “I Loved You At Your Darkest”
1. Solve
2. Wolves ov Siberia
3. God = Dog
4. Ecclesia Diabolica Catholica
5. Bartzabel
6. If Crucifixion Was Not Enough…
7. Angelvs XIII
8. Sabbath Mater
9. Havohej Pantocrator
10. Rom 5:8
11. We Are the Next 1000 Years
12. Coagvla
BEHEMOTH sind:
Nergal – Vocals, Guitar
Inferno – Drums
Orion – Bass