Gallhammer - Ill Innocence


Review

Stil (Spielzeit): Black Metal Crust (50:30)
Label/Vertrieb (VÖ): Peaceville (24.9.2007)
Bewertung: Wow... Hühnchen (8/10)
Link: http://www.gallhammer.com/

Als ich mir in diesem Frühjahr fröhlich einen Videodatenträger einer norwegischen Black Metal Größe ansah, war es um mich geschehen. Die wenigen Momente, die ich von GALLHAMMER sehen und hören durfte, ließen mich nicht mehr los. Kleine, geschminkte, drollige und zerbrechliche Japanerinnen in Black Metal Tops locken aus dem durchschnittlichen Musikliebhaber wohl kaum mehr als ein Lächeln. Als zwischen dem Rauch und der dunklen Beleuchtung die Frau am Mikrophon den Mund öffnete und einen tödlichen Sturm entfesselte, standen meine Haare zu Berge. Das ist keine Kehle, das ist der Pfad zur Hölle dachte ich und merkte mir den einprägsamen Bandnamen, bei dem der Alteingesessene auch sofort schon die ersten Götter erahnen kann, denen die Drei hier Tribut zollen.

Nun, nur wenige Monate später fällt Licht in die Sache. Die Band steht mit dem ersten regulären Album in den Startlöchern. GALLHAMMER sind drei junge Frauen aus Tokio, die einen hochinteressanten Brandsatz aus simplem Crust Punk, Black Metal der ersten Stunde, bleiernem Doom und einer Menge... Hühnchen zusammenbrauen - denn wie so oft gilt: Wenn man nicht weiß, nach was es schmeckt, ist es Hühnchen.
Der einleitende Mühlstein "At The Onset Of The Age Of Despair" klärt die Fronten. Die Stimmen sind noch böser, authentischer und mörderischer, als bei meinem ersten Eindruck, und hätte ich es nicht in jener Nacht auf meinem Monitor gesehen, würde ich nun jede Wette eingehen, dass diese Frauen in Wirklichkeit keine sind.
Die Musik ist meilenweit von den schönen, klassischen, langweiligen und geordneten Dimensionen entfernt, strengt, widert und kotzt an und fasziniert doch. Nichts ist rein musikalisch betrachtet großes Können, nichts davon könnten die meisten nach ein paar Stunden nicht besser nachspielen und nichts davon ist wirklich neu, und doch ödet es mich nicht an.
In rasanten, unheimlichen und nächtlichen Flugstunden übt sich das Trio dann in Stücken wie "Speed Of Blood", während die spätsommerliche Abendluft, die durch mein gekipptes Fenster strömt, immer kälter zu werden scheint.
In "Blind My Eyes" hüpfen dann doch die piepsigen Stimmchen durch, die man eigentlich von den zierlichen Japanerinnen erwartet hätte. Auch in späteren Stücken kommen die erstaunlich zerbrechlich wirkenden, klaren Stimmen der drei Frauen durch. Durch die hypnotisierenden, billigen Punkakkorde ist ein Brückenschlag zum Crust nicht von der Hand zu weisen. Schleifend, mahlend und ächzend schwer dröhnt der akustische Untergang in rabenschwarz aus den Köpfen von Vivian Slaughter, Mika Penetrator und Risa Reaper. In Oslo mit hörbar ungewaschenen Händen gemastert von Ted "Nocturno Culto" Skjellum, sticht die Anrufbeantworterqualität natürlich mit selbstverständlicher Eleganz durch den farbenlosen Klumpen.

Ich kann keinem versichern, dass er dieselben bewusstseinserweiternden Tiefschläge spürt wie ich, und auch keinem garantieren, dass er sich nicht einfach über diesen Schund schlapp lacht. Zuviel davon ist sicher schädlich. Entweder verliert man seinen Verstand, existiert nur noch in schwarz-weiß, oder fängt einfach an die Musik zu hassen. Was es auch ist, ich weiß es nicht. Bis dahin werde ich jedenfalls sicher das ein oder andere Mal zu "Ill Innocence" greifen.