Stil (Spielzeit): Cyber-Blackmetal (34:16)
Label/Vertrieb (VÖ): Haarbn Productions (04.08.09)
Bewertung: 7 / 10
Link: http://www.myspace.com/illidiance
Dem vitruvianischen Menschen stinkt’s... Deshalb machten die vier Mannen von ILLIDIANCE einfach mal Nägel mit Köpfen und setzten ihm eine bezaubernde Gasmaske auf. Doch damit nicht genug – um ein selbstbewusstes und autoritäres Auftreten zu gewährleisten, wurde der gute Mann auch gleich noch mit stachelbesetzten Stiefeln ausgerüstet. Was für ein Anblick! Ein derartig souveräner Auftritt kann eigentlich kaum noch gestärkt werden. Kaum... Doch ILLIDIANCE wären nicht ILLIDIANCE, wenn sie nicht immer noch ein As im Ärmel versteckt hielten. Und so kam es, dass der arme Vitruvianer noch mit angsteinflößenden Netzstulpen des Todes versehen wurde, welche auch innerhalb der Band auf allgemein große Zustimmung stoßen. Die vier Musiker inklusive Session-Keyboarder sind eigentlich nur noch anhand der Bärte voneinander zu unterscheiden.
Doch der optische Ersteindruck, den die grimmigen Russen mit ihrem Artwork vermitteln, passt auf deren acht musikalischen Darbietungen auf „Nexaeon“ auch wirklich wie der umgangssprachliche Arsch auf den scheinbar passgenauen Eimer. Die durch die Gasmaske verdeutlichte Endzeitstimmung ist ebenso vertont worden wie der nihilistische Blackmetal, welchen die brutalen Stiefel ankündigen. Dass das Ganze zeitweise etwas verträumt und trotz vorherrschender Höchstgeschwindigkeit recht melodisch daherkommen könnte, wird durch die Netzstulpen nicht ohne Grund vermittelt. Selbst die Uniformierung der Band findet sich auf musikalischer Ebene durch die in diesem Sektor des futuristischen Blackmetals so beliebten Gleichschritts-Rhythmen wieder, welche teilweise auch durch Gangshout-artige Ausrufe unterstrichen werden.
Dies alles wird schon im ersten Song bestmöglich serviert. Superschnelle Maschinengewehr-Salven zu fetten, abgehackten Riffattacken, unterlegt von bombastischen Keyboard-Teppichen. Durchbrochen wird diese vorherrschende Antiharmonie durch langsame, mit sphärischen Klängen unterlegte Passagen, in denen auch mal klar gesungen wird. Das alles erinnert nun zwangsläufig an die Poprocker DIMMU BORGIR, nur mit dem kleinen, aber entscheidenden Unterschied, dass ILLIDIANCE unkommerzieller und insgesamt etwas härter klingen. Aber im Großen und Ganzen könnte man jedem Anhänger von DIMMU BORGIR sowie Freunden von THE KOVENANT oder DEATHSTARS diese russische Cyber-Blackmetal-Combo wärmstens ans Herz legen, denn auch hier gilt vor allem eines: Hauptsache bombastisch! Der Sound ist so dicht und durch die permanent vorhandenen Synthies im Hintergrund teilweise dermaßen überladen, dass man durchaus schon von Geschmackssache reden muss. Nichts kann eine Scheibe besser auf- oder abwerten als ein fettes oder klägliches Soundgewand, doch wie beim Festschrauben des heimischen Toilettendeckels ist irgendwann der Punkt erreicht, an dem es nicht mehr besser geht und jede weitere Drehung bzw. Tonspur das Ergebnis nur noch verschlechtert bzw. zerstört. ILLIDIANCE befinden sich hart an der Grenze.
Doch was dieses bis ins letzte Detail ausgefeilte Songwriting zwangsläufig mit sich bringt, das ist auf alle Fälle Abwechslung. Es gibt ebenso viele klinisch reine, monströs schnelle Blackmetal-Passagen wie fett groovende, fast schon richtig thrashige Nackenbrecher-Parts. Dazu gesellen sich unzählige plötzliche Wendungen sowie ruhige, regelrecht Trance-artige Ausschweifungen. Also mir persönlich hätte etwas weniger Keyboard-Einsatz und dafür etwas mehr abgehacktes Staccato-Riffing besser gefallen, aber das bringt der Zusatz „Cyber“ in der Stilbezeichnung des von der Band angestrebten Blackmetals nun mal zwangsläufig mit sich.
Was hingegen sehr gefällt, ist das Schlagzeug, welches derartig tight und steril klingt, dass man nicht umhin kommt, dem Drummer zu unterstellen, an allen Ecken und Kanten nachgebessert zu haben. Also die Jungs würde ich mir wirklich gerne einmal live anschauen. Ebenso wird es jedem Blackmetal-Jünger ergehen, der kein Problem mit jeder Menge Keyboards hat und sein Hauptaugenmerk auf einen fetten Sound legt! Viel Spass...