Iskald - Revelations of Reckoning Day Tipp


Stil (Spielzeit): Black Metal (47:54)
Label/Vertrieb (VÖ): Indie Recordings/Soulfood (26.09.08)
Bewertung: 9 / 10
Link: http://www.iskald.com
http://www.myspace.com/iskald

ISKALD! Den Namen kann man programmatisch verstehen: eisig kalt und schwarz stürmt es einem hier aus Nord entgegen. Und das auf verflucht hohem Niveau. Schon das Debüt (Shades of Misery) wurde fast überall nur abgefeiert. Und wenn der Eindruck auf Myspace nicht trügt, haben ISKALD noch ordentlich Einen draufgesattelt.

Eiskalt und unglaublich routiniert blasen die beiden [Simon Larsen (git. / b. / voc. / keys) & Aage Krekling (dr. / voc.)] auf ihrem Zweitwerk endgültig zum Angriff auf den schwarzen Thron. „Routine“ kann man schnell falsch verstehen: als langweiliges Abgespule 1000mal gehörter Clichés. Gemeint ist aber das tighte Songwriting, das 15 Jahre Erfahrung vermuten lässt. Da beide aber mal gerade 20 klimaerwärmte Winter zählen, ist die Vermutung wohl eher falsch.

Was dieses Album so beeindruckend macht: das extrem feine Gespür, wann geradeaus geknüppelt und gesägt werden muss, bis die Hirnhaut zu platzen droht, um exakt dann ein Break einzubauen, wenn die Spannungskurve das braucht; da wird dann überaus groovy, manchmal fast schon bedächtigt gerifft oder wirkungsvoll auf komplexe Akkordwechsel gesetzt, um ebenso plötzlich wie schlüssig in das nächste High-End Gemetzel zu verfallen, das wieder wie ein Rudel Berserker über einen herfällt.

Speed und Aggression sind bis ans Limit ausgereizt… aber ISKALD gehen nie über die Grenze hinaus. Die transportierte Gewalt wird nie stumpf oder sinnlos. Dem stehen auch viele schöne Leads entgegen, die wie so manches Riff nicht im Bergener Black Metal als eher im Göteborger Death zu Haus sind. Und dass der Gesang gern mal klingt wie ein verstopfter Milchaufschäumer, kommt auch nicht verkehrt.

Auf Sicher wird der Black Metal von ISKALD nicht neu erfunden, aber atmosphärisch, aggressiv und überaus druckvoll in Szene gesetzt, und durch grazile (Melo-) Death Anteile mächtig aufgefrischt. Dazu trägt natürlich auch die ungewöhnliche, weil glasklare und brettharte Produktion bei, die alle (!) Instrumente tatsächlich gut vernehmbar zu Gehör bringt. Sogar den Bass kann man ohne technische Hilfsmittel identifizieren.

Besonders gefallen hat mir das Drumming von Aage, das für BM-Verhältnisse nicht nur ungewohnt heftig auf die Membran geht, sondern auch im Hochgeschwindigkeitsbereich noch zu variieren weiß. Bei aller Natürlichkeit und Klarheit im Klang und trotz der Anleihen im Melo-Death gerät das typische Black Metal Feeling dennoch nie ernstlich in Gefahr. Meine ich. Aber auch:

Old-School Puristen könnte das Resultat vielleicht etwas „wimpy“ und / oder überproduziert, zu kontrolliert und zu wenig anarchisch ausgefallen sein. Das ist der Preis, den die beiden aus Bodø als Folge des reifen Songwritings und perfekten Sounds zu zahlen haben.
Sinnvolle Vergleiche mit ISKALD fallen mir keine ein, nur Einflüsse: Neben der norwegischen Black Metal Phalanx um IMMORTAL und EMPEROR lassen sich alte DARK TRANQUILITY raushören. Zugegeben, das ist nicht wirklich typisch „norsk Svartmetal“ (auch wenn ISKALD den Death Anteil gegenüber dem Debüt etwas zurückgefahren zu haben scheinen.) Aber die Jungs tragen ja auch kein Corpse-Paint und treten dazu auch gerne mal live auf. (Dann natürlich personell verstärkt.)

Wenn dann noch wie in „Endtime“, zwar kurze, aber absolut gekonnte Ausflüge in Ambient (BM) Bereiche anstehen, die den atmosphärischen Vergleich mit den Synthieergüssen von SUMMONING standhalten, und dazu noch akustische, balladeske Klänge, die nie den Kitsch auch nur streifen, das romantische Sahnehäubchen draufgeben, dann kann man sich nur noch zurücklehnen und genießen. Vorzugsweise bei Minus 18° C in der Kühlkammer des örtlichen Schlachthofs.

ISKALD! Den Namen sollte man sich wenigstens bis zum Plattenhändler des Vertrauens merken: Das beste nicht-puristische Black Metal Album, das ich seit Jahren zu hören bekommen habe.