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Überraschte das im Februar veröffentlichte zweite Full-Length Album durch unerwartete Relaxtheit, so zeigen sich ISLAND auf dem vierteiligen Zwischenschritt zum nächsten erneut gewandelt: „Vorwärts, wir müssen zurück!“
Obwohl aus derselben Session wie das selbstbetitelte Zweitwerk, steht „Enigma of the Stars“ dem „Avantgarde Death“ vom Debüt „Orakel“ wieder näher. Wie angekündigt. Es wäre wohl zu kurz gegriffen, wollte man das allein auf die Besetzung des Drumhockers zurückführen: bei den vier Tracks gibt nämlich wieder Patrick Schröder (KLABAUTAMANN, ex- und nun also wieder ISLAND) den Takt vor…
„Storm Guardian“ entpuppt sich nach wenigen Augenblicken als hartes, recht hibbeliges Stück mit höllisch vielen Breaks und allerlei Dissonanzen. Selbst harmonische Tonfolgen wirken schräg. Aber dennoch hat Ganze nichts mit Technical Death Metal zu tun. Und ist auch nicht verkopft. Die Nervosität, die das Stück ausstrahlt, ist die, die ein heraufziehender Sturm auslösen kann. Zielt mehr auf den Solar Plexus als auf den Bregen. Druck baut sich auf, entlädt sich in blast-artigen Böen, fällt in sich zusammen, baut sich wieder auf… Dass das kein vertonter Wetterbericht und weit mehr als bloße Naturbetrachtung ist, erzählt uns der schöne Text. Es gibt auch Stürme von ganz anderer Art… Es fällt mal wieder auf, wie (im doppelten Wortsinn:) „natürlich“ bei den „Zeitgeistern“ selbst vertrackte, „technische“ Kompositionen erscheinen. Und wenn die 4:44 min wesentlich länger wirken, ist das kein Indiz für aufkommende Langweilige, sondern im Gegenteil: für einen bedenklich hohen Unterhaltungswert…
Das nachfolgende „Apex“ ist quasi der unmittelbarste Brückenschlag zwischen beiden Vorläufer-Alben. Es pendelt zwischen der entspannten Atmosphäre, die „Island“ beherrscht hat und der leicht sperrigen, druckvollen Verspieltheit des Debüts. Inkl. eines treibenden Doublebass-Parts, auf den aber völlig atypische Gitarren aufsetzen.
Wäre „Ballade“ nicht ein durch Massen von schmalzigem Kitsch völlig diskreditierter Begriff, man könnte „Solitude Nights“ vielleicht als solche bezeichnen. Wegen der Instrumentierung und sehr harmonischer Tonfolgen. Aber das hat nichts von lagerbefeuerter Pseudoromantik, eher was von jener psychedelischen Melancholie, die man von OPETH und ANATHEMA kennt… Für ISLAND-Verhältnisse eher schlicht, aber natürlich ist auch SN intelligent arrangiert. Beim ersten Umlauf mein Favorit. Nach dem fünften Umlauf nur noch einer von vieren.
Der Titeltrack ist mit 8:08 min auch der längste. Die letzten drei Minuten nehmen „spacige“, aber sehr dezente Geräusche ein: wer mag kann an HAWKWIND oder an die „Space Night“ auf Bayern III denken. In der vorhergehenden Zeit schafft es die Band erneut, verschiedenste Einflüsse unter einen logischen Hut zu bringen. Es rappelt und es groovt im Karton, es swingt, es rockt, es metalt. Wobei ich sowohl bei einigen Breaks wie bei den swingenden Passagen mehr als einmal dachte: „Death ist Jazz“… ohne dass „Enigma of the Stars“ auch nur ansatzweise mit ATHEIST oder WAYD zu vergleichen wäre… Bei ISLAND geht’s nie um den technischen Selbstzweck, immer um Atmosphäre!
Zieht man die Vorgänger zum Vergleich heran, klingt „EoaS“ zwar tatsächlich eher nach „Orakel“ als nach „Island“. Noch mehr aber nach dem bislang fehlenden Zwischenschritt; und beinah so als könnte es Rückschlüsse auf das kommende Werk zulassen. Aber bei den „Zeitgeistern“ weiss man ja nie…
Fehlt nur noch die obligatorische Kaufempfehlung an alle, die sich (zu)trauen, Metal abseits der markterprobten Schubladen zu erkunden…
Stil (Spielzeit): (ganz grob:) Avantgarde / Post-Rock / Death Metal (24:00)
Label/Vertrieb (VÖ): Zeitgeister MD (06.09.10)
Bewertung: 8,5/10