Hung - Progeny


Stil (Spielzeit): Progressive Death (34:29)
Label/Vertrieb (VÖ): HUNG Productions (2007/2008)
Bewertung: 6/10
Link: www.hungrocks.com

Violinen im Death Metal sind etwas Besonderes, und ich kenne neben MY DYING BRIDE oder alten EISREGEN nicht viele weitere Bands außerhalb des Folk-Spektrums, die dem Instrument eine tragende Rolle zuschreiben. Eine überraschende Neuentdeckung sind für mich daher HUNG aus New York, die sich nach ihrer Violinistin Lyris Hung benannt und dem progressiven, melodischen Death Metal verschrieben haben.

Im Umfeld von New York ist die vierköpfige Truppe mit nur einer bisherigen Veröffentlichung schon recht bekannt, immerhin stand sie mit Bands wie SOILWORK, GOD FORBID und DARKEST HOUR zusammen auf der Bühne. Das überrascht auch deshalb, weil HUNG komplett anders als diese gewichtigen Genre-Kollegen klingen und die Violine in den Vordergrund stellen, gleichberechtigt neben der (einzigen) Gitarre. Es mag geholfen, haben, dass HUNG nebenbei eine Event- und Show-Produktionsfirma sowie Booking Agentur betreiben – doch lange Rede, kurzer Sinn: Die Band hat bereits zahlreiche Fans und setzte bei der Produktion ihrer zweiten Veröffentlichung „Progeny“ auf die geübten Hände von Eric Rachel (GOD FORBID, SYMPHONY X, BLACK DAHLIA MURDER), der für die Aufnahmen zuständig war, sowie Alan Douches (u.a. CONVERGE, MASTODON, UNEARTH), der das Mastering übernahm.

Vier Tracks umfasst das nett aufgemachte Digi-Pack, der Sound klingt transparent und keinesfalls dünn, doch es fehlt generell ein wenig an Dynamik und Frequenz-Umfang. Kein Wunder, schließlich besinnt sich Gitarrist Evil Jon größtenteils auf Ton- und nicht Akkordfolgen, was mich hier und da einen Rhythmus-Gitarristen vermissen lässt. Denn wenn Violine und Gitarre sich gleichzeitig umspielen und gegenseitig hochschaukeln, wird das auch mal etwas anstrengend, insbesondere dann, wenn der Bass auch noch mitmischt. Weniger wäre da manches Mal mehr gewesen.
Den willkommenen Kontrast bilden die dunklen Growls von Sänger Dimitry Kostitsyn, der zwischen klarem Gesang und Death-Metal-Shouts wechselt. Besinnt sich die Gitarre stärker auf Basis-Arbeit, und baut der Bass dazu ein solides Fundament, ohne auch noch Unruhe reinzubringen, bekommt der ohnehin dominante Klang der Violine Raum, und das Konzept funktioniert auch für meine Ohren hervorragend.

Der Hauptteil des Reizes von „Progeny“ liegt ganz klar in der ungewöhnlichen Gleichstellung der erstklassig gespielten Violine mit der Gitarre, zudem ist der sehr klare und kaum atmosphärische Gesamtsound der Scheibe für eine Death-Metal-Veröffentlichung doch recht untypisch. Hat man sich daran gewöhnt und betrachtet die Songs für sich allein, halten sich Licht und Schatten in etwa die Waage: Fans ausufernden Notengeschwurbels kommen voll auf ihre Kosten, wer es lieber simpler und aggressiv mag, kommt deutlich weniger gut weg.
Ein abschließendes Urteil fällt mir schwer, auf Dauer strengt mich die Platte tatsächlich an. Mit etwas Abstand höre ich sie allerdings gerne zwischendurch, weil sie ziemlich interessant klingt und aus dem sonstigen Einheitsbrei absolut hervorsticht. Ich kann also nur jedem raten, sich selbst ein Bild der Musik zu machen und auf der Homepage in die Songs reinzuhören. Wer sich im Bereich progressiver Death mit Folk-Einflüssen wohl fühlt, dem wird „Progeny“ sicherlich zusagen.

 
Chris

Als Kind der 90er liebe ich Grunge und Alternative Rock – meine bevorzugten Genres sind aber Death, Groove, Dark und Thrash Metal. Ich kann Musik und Künstler schwer voneinander trennen und halte Szene-Polizisten für das Letzte, was Musik braucht. Cool, dass Du vorbeischaust!