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Was macht man, wenn die eigene Musik eigentlich eher ein Spartendasein fristet und auf einmal von allem und jedem gemocht wird? Und wenn man dann zur richtigen Zeit ein Album wie „Antigone“ in der Hand hat und auf einmal in aller Munde und auf jeder Konzertbühne zu Hause ist? Geht man auf`s Ganze? Kündigt man seine Jobs? Schleift man ein paar Kanten ab, um ganz durch die Tür gehen zu können, in der man bereits den Fuß hat? Ich persönlich hatte da ja durchaus meine Befürchtungen …
Hier ein Statement der Band selbst:
„Von Anfang an hatten wir die Vision eine rohe, direkte und ungeschminkte Platte aufzunehmen – ohne pseudo-emotionale, cleane Parts, gekünstelte Arrangements oder klangvolle Namen als Gastmusiker für Selling Points. Ich denke, ’Deaf To Our Prayers’ ist ein ganzes Stück brutaler als ’Antigone’ ausgefallen, wenngleich auch wieder einige getragene Passagen vorhanden sind. Ein weiteres Mal 100% HSB eben.”
Und ich gebe ihnen vollkommen Recht. OK, man könnte behaupten, ein Song wie z.B „Of No Avail“ oder „Armia“ macht sich doch nach wie vor gut auf den alternativen Tanzflächen. Ja und? Der Anfang von „Dying In Silence“ erinnert mich sogar ganz kurz an FEAR FACTORY. Dafür reißt dir die Platte insgesamt gesehen stumpf den Kopf ab und schreit dir in den Hals. Es gibt auch kein Intro oder irgendeine Vorwarnung – der Opener brettert sofort los und lässt dir keine Sekunde zum Aufatmen. Und so geht es auch erstmal weiter.
Die Doublebass scheint fast schon vom Duracel-Hasen bedient zu werden. Zwischendurch gibt es zwar immer mal wieder kleine Inseln in den Songs, wo man auch mal ein Keyboard oder anderes elektronisches Geplucker hört, aber das dient dann eher dazu, die nachfolgende Angriffswelle noch gemeiner erscheinen zu lassen.
Auch der „Gesang“ scheint sich in Punkto Brutalität noch mal gesteigert zu haben. Und man setzt auch nicht sonderlich stark auf richtig herausgearbeitete Breakdowns – sollen doch die Anderen das willige Tanzvolk bedienen. Hier gibt es das nur flüssig in den Song eingearbeitet.
Beim ersten Hördurchgang dachte ich erst, auf „Deaf To Our Prayers“ wäre der Hardcoreanteil in die Höhe geschraubt worden, weil ich irgendwie mit noch mehr Riffs gerechnet hatte, aber diese Einschätzung relativierte sich bei jedem Durchgang mehr. Der Sound ist (glücklicherweise, wie ich finde) sehr ähnlich zur „Antigone“, allerdings haben sie hier auf die schönen kleinen Interludes verzichtet (außer wenn sie mal an das Ende eines Songs gestellt werden wie bei „Armia“) und geben ohne Unterbrechung Vollgas. Mutiger Schritt!
Und aus diesem Grund ist dieses Album auch eine Empfehlung meinerseits: Ich finde hier zwar weniger Songs, die mich für sich gesehen so begeistern wie ein, zwei Stücke der „Antigone“, aber dafür beweisen HSB Rückgrat und hauen dem ein oder anderen einen doch eventuell etwas schwer verdaulichen Brocken an den Kopf. Und alleine das ist schon schön zu sehen, bzw. zu hören.
Die Texte wären vermutlich interessant gewesen, leider liegen sie mir nicht vor. Aber mir gefällt wieder mal ein Bandstatement:
„Auch dieses Mal haben wir wieder auf Lyrics der Kategorie ’Herzschmerz, Stress mit meinen Eltern und ich mach euch alle tot’ verzichtet. Wir wissen, dass es dort draußen genug Leute gibt, die bei Musik ihren Kopf gleichzeitig zum Bangen UND zum Denken benutzen wollen – darum geht es uns!“
Einziger Kritikpunkt meinerseits wäre allerdings, dass dem Album ein wenig mehr Abwechslung gut getan hätte. Einige der Songs ähneln sich doch immer irgendwie. Dafür weiß dann aber „The Great Gift Of God“ am Schluß nochmal richtig zu gefallen, welches mit seinen Gangvocals heraus sticht.
Ansonsten: Schönes Teil – richtet euch auf gewaltige Nackenschmerzen und blutende Ohren ein!