Kaum eine Band spannt den Bogen von traditionellem Death Metal zum heutigen Core so gekonnt und straff wie WHITECHAPEL. Nun gibt es den 2007er Batz „The Somatic Defilement" als Re-Release und das zehn Track starke Album tritt auch mit Abstand immer noch mächtig Ärsche. Besonders reizvoll an WHITECHAPEL ist neben dem erhabenen Gesang und dem tollen Drumming die Tatsache, dass die Amis gekonnt mit Tempo umgehen und ganz genau wissen, wann gedrosselt werden muss und wann man die Daumenschrauben anzieht.
So zwingen WHITECHAPEL auch auf ihrem Erstling jedes sowieso schon abartig tiefe Riff nochmals in die Knie und engen den Hörer damit erbarmungslos ein. Langsam fühlt man sich von dem Geschrubbe eingekesselt und will wie ein wildes Tier nur raus aus dem Song, lediglich um dann mit einem Befreiungsschlag in Gestalt einer Temposteigerung oder auch gerne mal einem Synthieoutro freizukommen.
Phil Bozeman singt auch schon auf „The Somatic Defilment" pervers brutal und hat wirklich jeden Grunz, jedes Gekreische und jeden Wechsel im Griff. Ein (abgeschlachtetes) Tier am Mikro, ausgestattet mit brutaler Vielfalt! Die Breakdowns, die WHITECHAPEL letztendlich zum Death Core machen, sind eigentlich hier noch relativ spärlich und unüblich gesetzt. Keine Bassexplosionen, sondern eher eine extrem verlangsamte Death Metal Basis. Im Vergleich zu den folgenden Scheiben ist das Debüt noch ungezügelter, noch dunkler und die bizarren Gitarrenmelodien durchbrechen das Grauen seltener und noch trostloser.
Der Name WHITECHAPEL kommt nicht von ungefähr und mit ihrem Debüt haben die Amerikaner gleich ein Konzeptalbum vorgelegt, es geht nämlich um Jack The Ripper und dessen weltbekannte Prostituiertenmorde im Londoner Stadtteil Whitechapel. Dementsprechend schonungslos klingt natürlich die musikalische Umsetzung, und das Wort „Death" steht hier absolut berechtigt im Genrenamen.
Klanglich gibt es an dem Re-Release ebenfalls niente auszusetzen, da Mark Lewis das gute Stück in den Audiohammer Studios komplett neu remixt und remastered hat. So kommen die stellenweise sehr langen Growlings richtig kantig und herb, die Drums knattern und trotzdem gibt es als Klangergebnis keinen dumpfen Brei, sondern kalter, drückender Bumms dröhnt aus den Boxen. Sehr gut gelungen, den unbändigen Wahn zu bannen und trotzdem klar zu klingen. „The Somatic Defilement" erinnert mich dahingehend an (die alten) SLIPKNOT Platten, auch hier sitzt jeder Drumschlag wie eine Kopfnuss.
„The Somatic Defilment" ist schon eine sehr heftige Platte, also nix um mit heruntergelassenen Scheiben durch die Innenstadt zu düsen oder um die Platte mal eben auf einer Gartenparty einzulegen. Eher zum Holz hacken, Gebäude abreißen oder Gedärme rausreißen und damit rumwedeln. Hektisch, im positiven Sinne beängstigend, erbarmungslos dicht - und wer richtig hinhört, merkt, dass die Platte doch sehr intelligent und folgerichtig angeordnet und arrangiert ist.
Fans von WHITECHAPEL sollten ihre Sammlung dahingehend aufstocken und Death Core Freunde brauchen sich aufgrund des Veröffentlichungsjahres 2007 keine Gedanken zu machen. Guter Death Core ist wie guter Wein, wird also nur besser!