Genau wegen so Typen wie HARASAI mache ich gerne bei BurnYourEars mit! Nachdem man mehrfach gecheckt hat, dass auch kein falschen Album im Player rotiert (ich lege auch gerne mal aus Versehen zwei CDs übereinander...) und ganz sichergestellt hat, dass es sich nicht doch um eine bekannte Band handelt, kann man langsam anfangen, den geilen Shit zu genießen! „Psychotic Kingdom" ist für mich die erste Begegnung mit den Altessener Mannen von HARASAI, die keinen Thrash spielen, sondern astreinen Melodic Death Metal und das „erst" seit 2006, was man anhand der Qualität kaum fassen kann. Könnt ihr die bitte ab jetzt alle sofort total gut finden?
HARASAI bieten also stimmungsvollen Melodic Death Metal, ganz besonders erbarmungslose Gitarrenduelle und das alles mit freundlich "Winke Winke Richtung Göteborg". Statt den Sound mit dickem Keyboardzucker vollzuschmieren, gibt es hier und da mal eine elegante Klaviermelodie in Moll oder ein gediegenes Gitarrensolo, bei dem geschmeidig über das frisch eingewachste Griffbrett hoch und wieder runter gewandert wird. Über alles legt sich dieser kehlige Gesang, der starke Emotionalität transportiert und ganz sicher nicht „einfach nur rumkrakeelt", wie manch andere Bands. Von Zeit zu Zeit wird es auch mal schwarz und es gibt eine Packung „high-pitched screams", wird auch immer gerne genommen.
Die Texte sind durchweg ansprechend, gramgebeugt und realistisch gehalten und der Sänger schafft es häufig, die Endungen so genial zu betonen, dass ich tatsächlich sehr ergriffen bin. Null Gepose, sondern echte Emotionen werden in den Songs transportiert, in „The Art Of The Sun" wird sogar eindrucksvoll klar und sanft im Duett mit dem harten Gesang geträllert. Kein zweites „Shadow Duet"(vom Album „Skydancer" von DARK TRANQUILLITY, Duett von Anders Fridén und Mikael Stanne), aber eine feine weitere Facette von HARASAI, mit der ich so nicht gerechnet hätte.
HARASAI legen sogar progressive Züge an den Tag und ganz heimlich mogelt sich auch eine Thrash Abfahrt oder auch ein Pagan ähnliches Riff („Three Kings") mit ein. Die Band nimmt sich die Freiheit, die Stücke wachsen und atmen zu lassen und schlägt auch nicht jeden Song zu Brei, viele laufen auch versöhnlich aus. Dabei sind die Grenzen klar gesteckt, niemand verliert oder verläuft sich mit seinem Instrument und HARASAI klingen kompakt und sicher als Band. Sehr geistreich agiert die Band im Klavierinstrumental „Skywards We Fly", die langsam aufpeitschende Melodie klingt erst wie zufällig fallende Regentropfen und breitet sich dann schmerzvoll und sehnsüchtig aus.
Zum Ende hin (die letzten vier Stücke) ziehen HARASAI mächtig an und starten einen Frontalangriff, der Death Part wird deutlicher ausgespielt und lässt ganz sicher keinen Nacken im Ruhezustand verweilen. Deutlich mehr Kante in den Riffs und im Drumming, die Stücke werden atemloser und wilder, aber nicht minder würdevoll im Arrangement. Soundtechnisch ist „Psychotic Kingdom" ebenfalls ideal, Recording und Mix stammt von Sebastian Levermann (ORDEN ORGAN) und Mastering von Dennis Koehne (CALIBAN, TIAMAT, LACUNA COIL), der reinste Hörgenuss.
Die Vielfältigkeit auf „Psychotic Kingdom" ist gerade noch im grünen Bereich, HARASAI muten dem Hörer nur so viele Melodien zu, wie man als Durchschnittshörer verkraften kann. Mehr dürfte es tatsächlich nicht sein. Wuchtig und massiv, aber trotzdem immer wieder sehr moderato und man fühlt sich nicht durch die Platte gehetzt. Das beste Melodeath Album 2013 werden ganz sicher (hoffentlich) DARK TRANQUILLITY hinlegen, aber das beste deutsche Melodeath Album haben HARASAI aus Altessen vorgelegt, das müsste erst getoppt werden! Greift die Perle für kleinen Preis ab, bei mir läuft sie in Heavy Rotation und ich hab jetzt mal ganz große Fresse: Aus denen wird was!