Ich fange mal hinten an und mit einem kurzen Rückblick: Beim OWL-Debüt habe ich noch über das halbstündige Ambient-Stück gemeckert, das sich über die gesamte zweite Hälfte des Albums erstreckte. Da gefällt mir das jetzt erschienene Nachfolge-Werk „You Are The Moon, I Am The Night“ besser. Einen abschließenden Träum-Track gibt es (zumindest auf der Digipak-Version) auch, er ist aber nur halb so lang. Ich kann es dann auch gleich auf das gesamte Album beziehen und als Fazit vorwegnehmen: Geändert haben OWL an sich nichts, sie sind nur besser geworden.
OWL, dahinter steckt Christian Kolf von der Zeitgeister-Truppe, die scheinbar eh nicht in der Lage ist, was Schlechtes abzuliefern oder wenigstens Standardkost. Und so ist auch das Projekt OWL tiefgründiger als vieles von dem, was man sonst so als Death Metal der Oberliga verkauft bekommt. OWL klingen einerseits (noch immer) nach alter Schule, wie beim Debüt stehen die ollen MORBID ANGEL überlebensgroß im Raum. Doch „You Are The Moon, I Am The Night“ ist viel mehr als eine Hommage. OWL gehen ein paar Schritte weiter und verweben den rhythmisch schwer zugänglichen, schwerst düsteren Death Metal mit ihrem eigenen Ding. Das Ergebnis ist voller Seele, eine Fahrt nicht einfach nur der Härte und Heavyness, sondern vor allem der Gefühle. So passt der Albumtitel wie die Faust aufs Auge: Schwarze Nacht und bleicher Mond als plakative Symbole des Genres, aber gleichzeitig auch eine Paarung voller Innigkeit und sogar Liebe. Oder kann es eine definitivere und absolutere Beziehung geben als die zwischen Nacht und Mond?
Ins Musikalische übersetzt: OWL bereichern die technische Kälte des Death mit der knisternden Stimmung des Black, der gefühligen Epik des Doom und der assoziativen Freiheit des Post Metal. Die Unterschiede zum Vorgängeralbum sind tatsächlich gering, auch der Sound ist gleich geblieben. Trotzdem wirkt das Album leichter – aber nicht, weil es positiver wäre. Diesmal ist sogar noch Karl Sugin als Gast-Sänger zu hören, der dem ersten von fünf langen Liedern etwas von der kalten Verzweiflung seiner Stammband DANISHMENDT mitgibt.
Nein, „You Are The Moon, I Am The Night“ ist einfach nachvollziehbarer, besser komponiert und mit zwar tiefschwarzen, aber auch sehr ruhigen und schönen Passagen aufgelockert, die dem Album diese gewisse Dramatik verleihen, die nur entsteht, wenn man mal durchatmen kann. Kurz: Ein tolles, tiefschürfendes und nachhaltiges Album, das dem gesättigten Genre Death Metal eine neue Facette gibt. Kaufen, so lange es noch geht – das Digipak ist auf 111 Stück limitiert, wer keins mehr bekommt, muss sich mit der Download-Variante begnügen.
Helge
Stile: Doom Metal, Black Metal, Post Rock, Stoner, Prog
Bands: My Dying Bride, Opeth, Nachtmystium, Saint Vitus, Genesis