Bei dem pathetischen Intro mit Erzählstimme muss ich unwillkürlich an die Italiener von RHAPSODY OF FIRE denken. Doch „Taken By The Storm" schlägt dann in eine etwas andere Kerbe. Mit Keyboard unterlegter Power-Metal verleitet einen, an rosa Einhörner zu denken. Dann kommen die Growls und die Ohren überlegen kurz, ob das jetzt nicht doch eher Melo-Death sein wird.
Als dann Klargesang eingefügt wird, kommt wieder der Teutone mit seinen melodischen Streitäxten anmarschiert. Der klare Chorus beginnt mit den Worten „Now close your eyes..." und verstärkt gleich zu Beginn der Scheibe ein wenig den Kitsch-Faktor.
Recht bald wird deutlich, dass Keyboards aber auch finstere Stimmung verbreiten können, während man unwillkürlich in „Spellbound by a Nightmare" beim fröhlichen Mitsingen erwischt werden könnte.
An zwei bis drei Stellen, wenn die Jodler vom Dienst Pause haben, fallen beim genauen Hinhören kleine harmonische Ungenauigkeiten der Gitarreros auf. Ob Doppel-Leads oder melodisches Riff, die hübschen Harmonien werden in kleinen Momenten durch eine Unschärferelation leicht angeknackst. Und doch trübt diese Kleinigkeit nicht den Spaß, den man mit Helm und Schwert bei dieser Mucke haben kann.
Salbungsvolles Singen erhöht immer wieder den Power Metal-Charakter, der nur zum Teil mit HELLOWEEN, GRAVE DIGGER oder STORMWARRIOR zu tun hat. Spätestens wenn das herrliche Geschrei einsetzt und es etwas disharmonischer wird, setzt die Boshaftigkeit ihre Duftmarken. Überrascht wird man schließlich noch mit stimmungsvollem Frauengesang in dem gemäßigt schnellen „Lake Gloom".
Eine ähnliche Mischung aus symphonisch-harmonischem Stoff und tödlich-melodischer Beilage wie es die deutschen Kollegen von KADAVRIK zelebrieren liegt auch bei KAMRBIUM vor. Manchem wird der kitschige Anteil zu groß sein. Doch für eine (meist) positive Stimmungsmache mit Bier und Plastikschwert ist „Dark Reveries" durchaus geeignet.
Erst vor kurzem kam eine Todeskapelle aus Niedersachsen mit ihrem neuesten Output um die Ecke (DEAD END FUTURE). KAMBRIUM gibt es allerdings schon ein paar Jahre länger, weshalb „Dark Reveries" nach Demo-Anfängen auch schon das zweite Album ist. Und musikalisch bewegen sich die Jungs, die heißen wie eine uralte Periode der Weltgeschichte, in nicht ganz solch brutalen Gefilden.
Manuel
"Größtenteils harmlos."