Die letzte Hälfte der Bandgeschichte war gezeichnet von vielen Hochs und Tiefs, vom wilden Partyleben und Alkoholexzessen – bis zum vergangenen Album „I Worship Chaos“, als sich CHILDREN OF BODOM entschieden haben, wieder mehr für die Musik zu leben und sich weniger in ihrer grenzenlosen Freiheit gehen zu lassen, was letztlich auch zu einem Besetzungswechsel geführt hat. Und das hat den Melodic-Death-Veteranen ziemlich gut getan, denn abgesehen davon, dass sich Daniel Freyberg am Sechssaiter als eine wunderbare Partie herausgestellt hat, zeigen sie sich nun von einer immer professionelleren Seite, die bestätigt, dass sich die Jungs wieder im Griff haben und eben auch gemeinsame Ziele vor Augen.
COB Neustart?
„Hexed“ stellt einen tollen Neuanfang dar, der den einen oder anderen überraschen wird, denn während sich vergangene Alben immer mehr ins Belanglose verkrochen hatten, trauen sich CHILDREN OF BODOM wieder an Experimente und setzen die Fähigkeiten jedes einzelnen fantastischen Musikers wieder in Szene. Abgesehen von Alexis altbekannten, atemberaubenden Gitarrenkünsten, scheint auch Janne wieder zurück in die Realität gefunden zu haben und stellt mit dem Mastermind zusammen geniale Soli auf die Beine – das sind CHILDREN OF BODOM, die wir vermisst hatten.
Auch Daniel scheint den Riffs wieder neues Leben einzuhauchen, vertreibt die alten Geister und weiß, mit hin und wieder COB-untypischen Ideen zu verblüffen. Obwohl der Sound des Öfteren mit den jungen COB verglichen wird, ist die jugendliche Wildheit nicht wiederzufinden und wird vermutlich auch nicht mehr wiederkehren. „Hexed“ scheint wie eine Erzählung der alten Tage. In „This Road“ schildern sie ihr hartes Tourleben: „This road‘s gonna kill me“ - eine eher triste Beschreibung des Musikerdaseins.
Auch wenn auf „Hexed“ nicht wirklich eingängige Songs zu finden sind, kristallisieren sich nach dem vierten Hören ganz tolle Schätze heraus, die aber erst Zeit zum Gedeihen brauchen. Aufgrund seines fast schon weihnachtlichen, untypischen Sounds ist „Under Grass And Clover“ ein absoluter Favorit, ebenso wie „Platitudes And Barren Words“, in dem auch unheimlich viel Live-Potenzial steckt.
Zwischen Vivaldi und Corpse Paint
Auch Laihos Hang zu klassischen, wenn nicht auch barocken Elementen wird in „Glass Houses“ und „Hexed“ nicht verborgen. Letzteres ist ein Vorzeigebeispiel dafür, dass im Metal der musikalischen Freiheit kaum Grenzen gesetzt sind – auch in einem langhaarigen Metaller können Vivaldi-Vibes stecken!
Der neue Sound, den man in Zukunft erwarten kann, wird vermutlich härter, schwarzmetallischer, aggressiver und zeitgleich auch frischer, lockerer und ironischer sein, wie man „Kick In The Spleen“ entnehmen kann.
Doch wie auch bei alten Alben, schwächelt „Hexed“ gegen Schluss wieder, was im Vergleich zum grandiosen Senkrechtstart fast schon enttäuscht. Den Schluss bildet eine Neuaufnahme von „Knuckleduster“ aus der „Trashed, Lost And Strungout“ EP, der genauso belanglos wie eh und je erscheint.
Fazit
„Hexed“ bildet ein gelungenes, solides Comeback, das ihren neu gefassten Mut zur Individualität unterstreicht. Dieser doch recht neuartige Sound mischt sich mit verspielter Ernsthaftigkeit – CHILDREN OF BODOM stehen noch immer für den Sound, der eine ganze Metallandschaft geprägt und geformt hat.
Tracklist
1 The Road 4:33
2 Under Grass And Clover 3:33
3 Glass Houses 3:27
4 Hecate's Nightmare 4:09
5 Kick In the Spleen 3:34
6 Platitudes And Barren Words 4:13
7 Hexed 5:03
8 Relapse (The Nature Of My Crime) 3:26
9 Say Never Look Back 4:23
10 Soon Departed 4:54
11 Knuckleduster 3:32