Bolt Thrower – War Master (BYE Rewind) Tipp

Bolt Thrower – War Master (BYE Rewind)
    Alles zermalmender Death Metal

    Label: Earache Records
    VÖ: Februar 1991
    Bewertung:10/10

    BOLT THROWER online


Als BOLT THROWER im Jahre 2005 "Those Once Loyal" auf den Metal-Mob losließen, hätten wohl die wenigsten damit gerechnet, dass dies das letzte Album der Death-Dampfwalzen aus dem britischen Coventry sein sollte. Doch die Band war der Ansicht, mit ihrer achten Platte endgültig den ultimativen BOLT THROWER'schen Sound definiert zu haben.

Zwar wurde der Versuch gestartet, einen mindestens ebenbürtigen Nachfolger zu schreiben, allerdings blieb es beim Versuch: Das selbstkritische Quintett fand sein neues Material einfach nicht überzeugend genug, um das selbsternannte Magnum Opus zu übertreffen.

Die stets bodenständig wirkende Gruppe zog Qualität, Fan-Nähe und grundehrliche Arbeit einem Profitdenken eben schon immer vor, und so passt es ins Bild, dass sie sich 2016, ein Jahr nach dem überraschenden und viel zu frühen Tod ihres Drummers Martin "Kiddie" Kearns, auflöste.

Wenn nun also "Those Once Loyal" das abschließende, mächtige Meisterwerk der Band darstellt, dann ist "War Master" zweifellos das Gesellenstück. Heute ist das Album ein Klassiker und vor knapp 30 Jahren zählte es für das Death-Metal-Genre zu den einflussreichen Wegbereitern, die seit Ende der 80er Jahre und vor allem 1991 plötzlich wie Pilze aus dem Boden sprießten. Da ich zum damaligen Zeitpunkt noch TKKG statt Todesblei gehört habe, und das BurnYourEars noch in der Metal-Mag-Ursuppe herumschwamm, ist es höchste Zeit, "War Master" mit einem Review in unserer Rewind-Serie zu würdigen.

Was ist Death Metal?

Würde mir jemand die obige Frage stellen, dann könnte ich ihn mit der üblichen Definition langweilen: Tiefer gestimmte Gitarren, Growl-Vocals, Texte mit Todesthematik. Oder ich drücke ihm einige erleuchtende Alben in die Hand: MORBID ANGELs "Altars Of Madness" wäre sicher dabei, auch "From Beyond" von MASSACRE und einige Platten von DEATH dürften nicht fehlen. Aber meine erste Wahl, mit der die Essenz dieser Musikrichtung einwandfrei ergründet werden kann, wäre dann doch "War Master" von BOLT THROWER.

"War Master" – monströse Machtdemonstration

Warum? Mit ihrer dritten Platte hatten die britischen Bulldozer ihren Kurs korrigiert, nachdem sie mit dem Debüt "In Battle There Is No Law!" (1988) und dem folgenden "Realm Of Chaos: Slaves To Darkness" (1989) noch in Richtung Hardcore, Punk und Grindcore geschielt hatten. Mit "War Master" war die Band aber endgültig im Death-Metal-Sektor angekommen – die Scheibe ist eine gewaltige, meist bedächtige, manchmal rasende Kampfansage, die auch knapp drei Jahrzehnte später nichts von ihrer Durchschlagskraft eingebüßt hat.

Heutzutage sind nichtssagende Intros auf jeder zweiten Platte zu finden – wer aber wissen will, wie mit diesem Stilmittel keine Klischees bedient, sondern eine wirklich packende Atmosphäre erzeugt wird, der sollte sich "Intro … Unleashed (Upon Mankind)" anhören. Nur scheinbar behutsam beginnen BOLT THROWER ihr zerstörerisches Werk, denn in Wirklichkeit legen sich schon die ersten Klänge bedrohlich und bleischwer auf unser Gemüt: "No escape – from deadly wrath" donnert uns Karl Willets anschließend entgegen – Widerstand zwecklos.

Die BOLT THROWER’sche Soundwand – einzigartig und unerreicht

BOLT THROWER walzen sich mit "War Master" im Midtempo-Modus ebenso bedächtig wie bestimmt den Weg in unsere Gehörgänge. Langsamer, schleppender aber gleichzeitig auch intensiver als bei "Profane Creation" und "Destructive Infinity" können Death-Metal-Klang-Panzer einen kaum überfahren. Man hat das Gefühl, die Band wolle uns ihre Botschaften von Schlachten und Schrecken möglichst langsam und mit viel Nachdruck ins Hirn fräsen.

Und diese Kriegslist geht voll auf: BOLT THROWERs charakteristischer Sound hat eine hypnotisierende Wirkung. Im Zeitlupen-Takt wippt der Kopf über die gesamte Albumlänge unweigerlich mit – mit kurzen Unterbrechungen durch schnelle, schmerzhafte Headbanging-Attacken. Denn die Band ist jederzeit in der Lage, ihre Kampftaktik zu ändern und blitzschnelle Manöver zu fahren: Sei es Andrew Whales Doublebass-Wahnsinn, seien es die gedoppelten Gitarrensalven von Gavin Ward und Barry Thompson – mehr als einmal wird der Hörer vom Kriegsmeister kräftig durchgeschüttelt ("What Dwells Within", "Final Revelation").

Kombiniert mit dem ultra-tighten, stets vorwärts marschierenden Bassspiel von Jo Bench kreieren BOLT THROWER eine Soundwand, die so massiv, undurchdringlich und plättend ist, wie die "Warhammer 40K" Armee auf dem legendären Comic-Cover des Albums. Die Musik der Briten ist eben auch eine Hommage an die Fantasy-Welt ihres geliebten Games Workshop Tabletop-Klassikers.

"Cenotaph" – Monument eines Meilensteins

Mit dem teils speedigen, teils im Midtempo-Rhythmus gespielten "Cenoooootaaaaaaph" ist auf "War Master" zudem einer der legendärsten und meist gefeierten Band-Songs zu finden, der bis zur Auflösung der Gruppe in fast keinem Live-Set fehlen durfte.

"War Master" ist eine Platte, die auch heute noch einen Großteil der Releases des Genres genüsslich zermalmt. Gewaltiger, kompromissloser, unnachgiebiger und authentischer hat Death Metal nie geklungen.

BYE-Audio-Tipp: Welche "War Master" Version lohnt sich?

Wer den Death-Metal-Meilenstein möglichst unkomprimiert, verlustfrei und in möglichst originaler Soundqualität auf Vinyl oder CD genießen möchte, dem empfehlen wir zwei Versionen aus dem Hause Earache: Die CD-Erstauflage/LP-Erstpressung aus dem Jahre 1991 oder die Full Dynamic Range Remaster von 2017 bzw. 2018 (erhältlich auf LP und CD).

Ziel von Full Dynamic Range ist es, dem ursprünglich beabsichtigten Sound so nah wie möglich zu kommen, indem man nahezu unbearbeitete Kopien der originalen DAT-Mastertapes erstellt. Ich habe die FDR CD Version von "War Master" mit einer früheren Remaster-Version verglichen und bin begeistert: Kristallklarer Sound, die einzelnen Song-Komponenten sind klar unterscheidbar und gehen nicht im zu lauten Kompressions-Klangbrei unter. Die Folge ist ein dynamisches, angenehmes Klangerlebnis, das zumindest meine Ohren beim Hören über Kopfhörer deutlich weniger stresst.

Tracklist „War Master“

1. Intro ... Unleashed (Upon Mankind)
2. What Dwells Within
3. The Shreds of Sanity
4. Profane Creation
5. Destructive Infinity (Bonus CD-Track)
6. Final Revelation
7. Cenotaph
8. War Master
9. Rebirth of Humanity
10. Afterlife

Line-Up auf "War Master"

Gavin Ward - Guitars
Andrew Whale - Drums
Karl Willetts - Vocals
Jo Bench - Bass
Barry Thompson - Guitars

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BYE Rewind ist unsere Rückschau, eine lose Serie, in der wir für uns relevante Klassiker und Highlights (oder Lowlights) der Musikgeschichte hervorkramen, zurückspulen und in aktuellen Bezug setzen. → Hier geht's zur Übersicht

Andreas

Stile: Black-, (Melodic-)Death-, Epic-, Heavy-, Power-, Thrash-Metal

Bands: Amon Amarth, Accept, Atlantean Kodex, Bolt Thrower, Power Trip, Primordial, Sulphur Aeon, Summoning