Anatomy - Overtreatment


anatomy

Stil (Spielzeit): Grindcore (32:08)
Label/Vertrieb (VÖ): F.D.A. Rekotz (15.12.08)
Bewertung: 6 / 10
Link: http://www.myspace.com/anatomyitaly

 

Lasset uns ausbluten... Und wenn wir dran gestorben sind, lasst unsere Kadaver exhumieren! Erst dann kann die Anatomie beginnen. Also ich wage mal zu behaupten, die Jungs von ANATOMY haben sich durchaus früher die eine oder andere Scheibe von HAEMORRHAGE, CARCASS oder EXHUMED reingezogen. Gut, das könnte man bereits aufgrund des Bandnamens vermuten – ich will ja nur verdeutlichen, dass bei ANATOMY genau das „drin ist“, was „drauf steht“. Gore. Grind. Kein Goregrind. Sondern eben fieser, pathologischer Grindcore mit Death/Thrash-Einschlag und jeder Menge Blut. Akustisch manifestiertes Blut.

Als großer Fan der oben genannten Gruppierungen waren meine Erwartungen an „Overtreatment“ relativ hoch angesetzt, da ich auf ANATOMY bereits mehrfach in Zusammenhang mit diesen Bands gestoßen bin, deren Debutalbum „Libido Medico“ jedoch nie gehört hatte. Also rein in die Anlage damit, die Pommesgabel spreizen und... wieder einfahren. Gut, die Ähnlichkeit ist nicht zu überhören. Die durchschnittliche Geschwindigkeit sagt mir auch zu. Aber irgendetwas fehlt. Sound. Für heutige Maßstäbe klingen die Gitarren doch etwas zu popelig. Um nicht zu sagen: geradezu lächerlich. Die Drums picken drucklos vor sich hin und der Bass ist nicht erwähnenswert. Also nicht, dass das Gesamtwerk wirklich schlecht wäre, aber wirklich fetter Sound ist etwas anderes. Naja, dass in diesen gorigen Gefilden relativ hoch gestimmte Instrumente nicht gerade unüblich sind, ist ja hinreichend bekannt. Also verliere ich keine weiteren Worte mehr über den Sound bis auf die Feststellung, dass HAEMORRHAGE durch ihr sehr viel matschigeres Klanggewand einfach fetter und brutaler klingen. Punkt.

Betrachtet man das Songwriting, kann man hier den vier Italienern keine Vorwürfe machen. Solide Hausmannskost bzw. Sensenmannskost (Hausarztskost?). Weder Innovativ oder gar revolutionär noch langweilig oder gar minderwertig. Geblastet wird wenig, gegroovt leider auch. Meistens hält man sich an schnelle, aber grad noch kopfnickertaugliche Takte, so wie es sich für derartiges Geraffel gehört. Gelegentlich geht’s auch mal richtig ab. Oder besser gesagt: Es würde richtig abgehen, wenn HAEMORRHAGE die Songs eingespielt hätten... Alles klar? Ich persönlich hätte auch ein bisschen weniger pseudomelodisches Gitarrengedudel, welches immer mal wieder in den Vordergrund gerückt wird, bevorzugt, aber immerhin beweist Zupfer Paolo dadurch, dass er mehr als zwei Akkorde beherrscht. Das is doch mal was.

Nachdem die halbstündige Scheibe mit einem Instrumental-Stück eingeleitet wurde (sowas kenn ich doch irgendwoher...), macht sich Keifer Ivan daran, die verbleibenden acht Tracks mit seinen fiesen Ultra-High-Screams zu krönen. Und wenn ich von „Ultra-High“ spreche, dann meine ich nicht das populäre CARCASS-Knurren oder Vergleichbares, sondern wirklich... hoch. Also im Sinne von CRADLE OF FILTH-hoch. Stimmliche Parallelen zu Giftzwerg Dani Filth kann man wirklich nicht leugnen. Die ganz harten langgezogenen Schreie lässt Ivan zwar weg und geht dafür lieber stellenweise ins genretypische Gewürge über, doch etwas unerfahreneren Zitgenossen könnte man ANATOMY mit Sicherheit erfolgreich als Side Project vom putzigen CRADLE OF FILTH-Schimpfer verkaufen.

Vito, der sich sonst für's Fusselbassen verantwortlich zeichnet, steuert zudem – wie sollte es auch anders sein – sporadisch eingestreut seine nicht weiter erwähnenswerten Growls hinzu. Ab und zu werden diese sogar etwas bearbeitet und bewegen sich an der Grenze zum unmenschlichen Gurgeln. Man sieht also: ANATOMY haben alles, was eine Band, die sich dem blutverschmierten Schleifen von Instrumenten und Gedärmen verschrieben hat, braucht. Da wurde nichts ausgelassen. Es wurde zwar auch kein über die übliche Standartausstattung hinausgehendes Feature hinzugefügt, doch immerhin ist das ANATOMY-Mobil fahrtauglich und kann so in Serienproduktion gehen. Also meinen persönlichen Eignungstest hat das Gesamtwerk zumindest gerade eben so bestanden.

Zu diesem Gesamtwerk gehört natürlich auch die optische Aufmachung der Scheibe. Auch hier hielt man sich an altbewährte Richtlinien und schmückte Cover und Backlay mit etwas Blut und anatomischen Skizzen, während man im Inneren des Booklets jede Menge Poserfotos von den Bandmitgliedern und deren Freunden begutachten darf. Läuft...