Stil (Spielzeit): Melodic Death/Thrash Metal (55:15)
Label/Vertrieb (VÖ): Plainsong Rec. / Alive (09.05.08)
Bewertung: 7,5/10
Link: http://www.orphanhate.de
http://www.myspace.com/orphanhate
Auch wenn ORPHAN HATE schon ein paar Jährchen auf dem Buckel haben, wird die vorliegende Scheibe auf dem Infozettel als „Debüt-Album“ betitelt.
OK, ich muss gestehen, dass die Berliner Truppe mir bisher auch verborgen geblieben ist, obwohl „Blinded By Illusions“ das mittlerweile vierte Release ist. Der Hauptstadt-Fünfer dreht sich nun also in meinem CD-Player und wartet als eine der wenigen Bands in diesem Genre mit einer Frontfrau auf.
Und vorwärts geht’s! Leise aus dem Hintergrund kommend steigert sich „Walk Straight“ als erster Track zu einem melodisch rockenden Trash-Stück. Frau Niklas bietet auch gleich verschiedene Variationen ihrer Stimme an; zu den Kopf-Nicker-Riffs wird derbe geshoutet und zwischendurch zeigt Sina, dass ihre Rockröhre auch als klarer Gesang überzeugen kann. Ihre Stimme ist erfrischend kraftvoll und tief, was sich auf die gutturalen Laute auswirkt, die somit im Vergleich zum Beispiel zu ARCH ENEMY tiefer sind.
Ebenfalls gleich zu Beginn kommen nette doppelläufige solistische Einlagen vor, die das populäre Gemisch von Härte und Melodie noch zusätzlich verfeinern. Mit „Circus“ kommt es mir zunächst so vor, als ob schon etwas früh auf dem Album (drittes Stück) eine kleine Ballade eingeschoben wird. Doch dies ist nur teilweise ein Ballade. Der andere Teil kommt in brutalerem Soundgewand daher.
Aber ich frage mich schon hier: Warum denke ich gerade, dass ich diesen Refrain schon mal gehört habe? Und das ist ein kleines Manko. So deftig in „Evil A“ geknüppelt wird, so besinnlich mancher Part in „Circus“ sein mag, erscheinen doch gerade die melodischen Refrains etwas gleichförmig. Zwar ist die Variabilität der Stimmbänder wirklich beachtlich, aber der Wiedererkennungswert ist eben manchmal doch ein kleines bisschen zu hoch.
Würde Madame Niklas nicht so derbe shouten, könnten manche Stücke, wie das groovend, rockige „The Spine [I’ve Never Had]“, auch fast im Radio laufen.
Die angegebenen Referenzen von IN FLAMES, ARCH ENEMY, FEAR FACTORY oder NEVERMORE treffen meines Erachtens durchaus ganz gut zu. Natürlich mal mehr, mal weniger intensiv; FEAR FACTORY kann ich jetzt zum Beispiel kaum aus dem Sound von ORPHAN HATE heraus erkennen.
Wenn die Zeit fortgeschritten ist, die Platte schon länger rotiert, findet man im weiteren Verlauf auch abwechslungsreiche progressive Elemente in „Pull Out Some Hope“. Und Ausklingen tut das ganze dann musikalisch recht entspannt in „Fragrance“.
Im Großen und Ganzen wird „Blinded By Illusions“ nach einiger Zeit immer besser. Zu Beginn klingt es trotz Abwechslung in den einzelnen Stücken teilweise etwas ähnlich, was sich aber später relativiert. So kann man ORPHAN HATE durchaus mit obigen Namen in Verbindung bringen. Auch wenn es statt Skandinavien Berlin ist: es rockt, melodisch und hart!
Manuel
"Größtenteils harmlos."