Brilliant Coldness – Poisoned Reality



Stil (Spielzeit): Technical Death Metal (57:42)
Label/Vertrieb (VÖ): Apollon/Painkiller Rec. (27.10.09)
Bewertung: 7/10

Link: http://www.myspace.com/brilliantcoldness
 

Wenn man gen Osten latscht, kommt man je nach Breitengrad irgendwann in der Ukraine an. Dass in Polen so manche Brachial-Klänge in die Welt gepustet werden, dürfte ja allseits bekannt sein. Nun prügeln sich BRILLIANT COLDNESS schon seit über einer Dekade durch die Lande, doch bis dato hält sich die Quantität der Auswürfe in Grenzen und so wird uns die vergiftete Realität erst auf ihrem zweiten Silberling verewigt dargestellt.

Es sei gleich zu Beginn festgehalten, dass die Männer der klirrenden Kälte es dem Zuhörer auf jeden Fall nicht ganz einfach machen. Der Opener legt mit knapp acht Minuten zwar schon eine gehörige Portion Eingemachtes auf den Tisch, aber die restlichen acht Songs bringen weniger Zeit, dafür genügend anspruchsvollen Krach für einen ausgiebigen Brunch mit.
BRILLIAN COLDNESS wollen zeigen, was sie drauf haben – und das ist gar nicht so wenig. Die ziemlich rüde verzerrten Gitarren brettern in vielfältigen Riffs durch die Welt, dass man zwischen dem Bangen immer wieder den Kopf überlegend in den Nacken legen muss. Doch was eindeutig positiv hervorzuheben ist, sind die Melodien, die ebenso abwechslungsreich daherkommen. In „Post-Mortem Reality" zum Beispiel zocken die Jungs gerne zweistimmige Riffs, während das folgende „Lords Of The World" mit zackigem Tapping daherkommt, das an anderen Stellen mit hübschen Arpeggien fast an NECROPHAGIST erinnert.
Ein ziemlicher Haufen Breaks, Tempo- und Rhythmussprünge am laufenden Band sind nicht gerade einfache Kost, auch wenn immer wieder tolle Soli verschiedenster Sorte eingestreut werden.
Doch es gibt auch leider Schattenseiten der Platte. Als nach einer guten halben Minute im ersten Song der Gesang einsetzt, assoziiere ich zunächst ein hustendes Kamel mit den Vocals. Im Laufe der Scheibe – und auch nach mehreren Durchgängen – stört der Gesang interessanterweise nicht mehr viel, aber die Growls, die der ganzen Sache die Death-Metal-Sahnehaube aufsetzen sollen, sind eher eine Senfcreme mit Himbeergeschmack, also nicht ganz so lecker. Ein weiteres Merkmal ist die Bassdrum, die manchmal wie ein blechernes Uhrwerk auffällt, aber zum Glück meist nicht im Vordergrund steht.

Als kleine Appetit-Happen für zwischendurch gibt es an ein paar Stellen minimale Synthieeinheiten, die mit Streichern oder spacigen Sounds richtig überraschend sind. Ebenso der Anfang von „Paradox Of Madness", der fast als Intro für eine klassische Symphonie durchgehen würde, wäre er nicht mit relativ albernen Klimper-Klängen versehen – aber als kleines Gimmick ist das eine klasse Idee.

Soundtechnisch würde ich BRILLIANT COLDNESS eher in ruppig, urig alte Gefilde einordnen. Das technische Gebolze, wie man es in Amerika etwa bei SUFFOCATION findet, macht einen beträchtlichen Part aus. Daneben gibt es einiges an Soli zu bestaunen, die durchaus unterhaltsam und variabel sind, sowie ab und zu klassisch rockendes Todesmetall à la BOLT THROWER. Somit ist „Poisoned Reality" ein derbes Gebräu mit wenigen bitteren Zutaten. Ein bisschen Ausdauer und keine Angst vor Schwierigkeiten sollte man mitbringen, aber irgendwann – vielleicht noch nicht beim ersten Mal – kann diese Platte richtig interessant werden.
Manuel

"Größtenteils harmlos."