Stil (Spielzeit): Death / Crust / Folk (38:20)
Label/Vertrieb (VÖ): Geenger Records (01.03.10)
Bewertung: 5 / 10
Link: http://www.myspace.com/truezrud
Eigenartig… Von der ersten bis zur letzten Sekunde eigenartig. Irgendwie hinterlässt „Still Life“ unweigerlich einen bleibenden Eindruck in den verstörten Hirnwindungen des Konsumenten. Vielleicht nicht ganz so gefährlich wie Extasy oder vergleichbare Erzeugnisse der Rauschmittelindustrie, aber mindestens genau so berauschend. Ich denke, ohne die Gefahr einzugehen, dass ich eines besseren belehrt werde, behaupten zu können, dass TRUE die erste und vielleicht auch letzte Band ist, welche diese Art von Musik interpretiert. Das befremdliche Intro lässt die Erwartungen an etwas Außergewöhnliches bereits volle drei Minuten lang im geneigten Hörer aufkeimen, wobei man hierbei auch etwas in die Irre geführt wird. So erging es mir zumindest. Da das Lesen der Promo-Information zu einer neuen Scheibe dieser immer ein wenig die Spannung nimmt, wusste ich nicht genau, was mich auf „Still Life“ erwartet. Und die erste Assoziation, die mir beim Genuss der traditionell anmutenden Gesänge des Intros in den Sinn kam, war Japan. Diese langgezogenen „Jaaajaaa“-Stimmen kannte ich in dieser Form sonst nur aus Mangafilmen wie „Akira“. Etwas ungewöhnlich kam mir dann das einsetzende Saiteninstrument vor, welches stark an eine Mandoline erinnert...
Dieses Instrument nennt sich Tambura. Und die Region, aus der es stammt, ist tatsächlich östlich anzusiedeln. Nur bin ich mit dem sogenannten fernen Osten ein wenig über das Ziel hinausgeschossen. Bleiben wir doch in Europa. Oder genauer gesagt: Kroatien. Dies ist nicht nur das Heimatland der Tambura, sondern auch von TRUE. Und das charakteristische Zupfinstrument wird nicht bloß zur Introduktion verwendet, sondern begleitet die komplette Scheibe. Und das nicht nur gelegentlich im Hintergrund, sondern fast permanent und regelrecht aufdringlich. Und das Wort „aufdringlich“ ist zunächst mal vollkommen wertfrei anzusehen. Ich schwanke in meiner Beurteilung dieser ungewöhnlichen Kombination aus Deathmetal und Tambura noch immer zwischen Bewunderung und Ablehnung. Ohne die schnellen Zupfereien wäre TRUE eine recht uninteressante Death-Combo mit starkem Hang zum Crustcore. Die minderwertig abgemischten Growls von Frontmann Rtz666 begleiten verhältnismäßig langsame Riffs und Bassläufe, während das Trommelwerk überwiegend im Mid- und Uptempo-Bereich daherrumpelt. Gelegentlich schleichen sich doomige Passagen ein und gerne wird auch mal ideenlos geblastet. Dabei wird jedoch nie wirklich Druck aufgebaut. Insgesamt klingt die ganze Scheibe recht dünn und lässt die Köpfe meist eher stillstehen.
Doch die fünf jungen Kroaten von TRUE legen ihre Schwerpunkte auch einfach ganz anders als herkömmliche Gruppierungen in diesem Genre. Wenn man denn überhaupt von einem Genre sprechen kann... Eigentlich ist es ja eher eine Nische, die die Jungs ausfüllen. Die einzige mir bekannte Band, mit denen ich TRUE vergleichen könnte, ist CADAVEROUS CONDITION. Die abgedrehten Österreicher vermischen ihre Deathmetal-Klänge ebenfalls mit folkigen Zupfereien. Doch belassen sie es in der Regel bei gelegentlichen Akustikgitarren-Parts, welche den ansonsten massenverträglichen Deathmetal immer mal wieder unterbrechen. Die penetranten Tambura-Begleiterscheinungen auf „Still Life“ hingegen stellen definitiv den Hauptstützpfeiler für das gesamte musikalische Bauwerk dar. Ob das nun gefällt oder nicht.
Wer TRUE bereits von den beiden Vorgängeralben „Plastic World“ und „Serum“ her kennt und eben diese Ausprägung musikalischer Innovation lieben gelernt hat, der könnte dennoch vom neuesten Output enttäuscht werden. Denn der Folk-Anteil ist stark angehoben worden und die Aggression und Geschwindigkeit der alten Tage etwas verblasst. Die sechs teilweise achtminütigen Songs, die dem Intro folgen, ziehen sich streckenweise sehr in die Länge. Nicht enden wollende Oldschool-Deathmetal-Parts ohne jegliche Variation werden von scheinbar immer dem selben Tambura-Gezupfe begleitet, was erst langweilt, nach einiger Zeit aber auch regelrecht nerven kann. Die neue Definition von Geschmackssache...