Katatonia - The Great Cold Distance


Review

Stil (Spielzeit): Dark Metal (51:53)
Label/Vertrieb (VÖ): Peaceville Records (03.03.06)
Bewertung: Wunderschön (8,5/10)
Link: www.katatonia.com

Als großer KATATONIA-Fan, der sich riesig auf das neue Album „The Great Cold Distance" gefreut hat, bin ich ein klein wenig enttäuscht. Ich möchte es mir selbst kaum eingestehen, aber die Schweden haben sich zum größten Teil wiederholt und nur wenig weiterbewegt - und Stagnation auf hohem Level ist, Schönreden hin oder her, ganz einfach Stagnation.

Selbstverständlich versteht es die Band um Sänger Jonas Renkse auch weiterhin wie keine zweite, Seelenschmerz in Töne zu kleiden und ein hypnotisches Gemisch aus dunklen, verzweifelten und gleichsam wunderschönen Arrangements zu kreieren. Nur ist der Schritt, der zwischen dem Vorgänger-Album und dem aktuellen Output gewählt wurde, diesmal deutlich kleiner ausgefallen. Wie sonst wäre es zu erklären, dass ein neuer Song bei mir den Ohrwurm eines alten Songs bedingt? So geschehen beim Track „Deliberation", der sich unzweifelhaft an seinen herausragenden Zwillingsbruder vom „Viva Emptiness"-Album „Criminals" anlehnt. Und so lassen sich über die gesamte Albumlänge immer wieder überdeutliche Querverweise finden, ohne dass man zwanghaft nach ihnen gesucht hätte; „Viva Emptiness" wirft seinen Schatten, und das ist ein wenig schade.

Doch trotz Stillstand im Gesamtbild, KATATONIA klingen im Detail durchaus gewandelt: Insgesamt wurde eine Schippe Unnahbarkeit draufgepackt, ohne dass ihr charakteristischer Sound darunter gelitten hätte. An tragischen-schönen Melodien wurde ein wenig gespart, dafür erschüttern abgrundschwarze, brodelnde Riffs zunehmend die Oberfläche, auf der Jonas' klare, von Traurigkeit gezeichnete Stimme nach wie vor wie eine Feder tanzt. Kitschig? Sicher, ein wenig schon, doch genau dafür liebe ich diese Band - für ihre Schwermut und ihren bedeckten Himmel, genau wie für die Zerbrechlichkeit und die progressiven Einschübe, die auch auf „The Cold Distance" deutlich zwischen den brausenden Wogen der Melancholie durchscheinen.

KATATONIA fahren ihr gesamtes Können auf, und es liegt schlussendlich im Auge des Betrachters, ob dieses Album ein weiteres phantastisches und zukunftweisendes Werk dieser Band ist, oder ob man sich doch letztlich zu wenig getraut hat. Fest steht, dass „The Great Cold Distance" ebenso zur Königsklasse zu zählen ist, wie die Vorgänger „Viva Emptiness", „Last Fair Deal Gone Down „ oder „Tonight's Decision". Und unter uns: Ich will über die Band im Grunde auch gar nicht urteilen, denn dafür liebe ich ihre Musik zu sehr.
Chris

Als Kind der 90er liebe ich Grunge und Alternative Rock – meine bevorzugten Genres sind aber Death, Groove, Dark und Thrash Metal. Ich kann Musik und Künstler schwer voneinander trennen und halte Szene-Polizisten für das Letzte, was Musik braucht. Cool, dass Du vorbeischaust!