Link: http://www.myspace.com/carachomusic
Bild Dir meine Meinung... Das ist nicht bloß der Name des achten von zwölf Tracks, die das zweite Album der Hamburger Chaotentruppe ausmachen, sondern auch die meiner Meinung nach perfekte Einleitung für eigentlich jedes Review. Wobei „eigentlich“ natürlich eigentlich ein Scheißwort ist. Womit wir nun auch den Opener besagten Albums zitiert hätten. Denn dieser beschäftigt sich auf äußerst tanzbare Weise mit dieser linguistischen Ausgeburt der Hölle. Aber jetzt mal im Ernst. Die Jungs von CARACHO sind zwar nicht gut, aber laut. Und immerhin ziemlich harte Jungs, was die aufgeklebten Schnäuzer eindrucksvoll beweisen. An dieser Stelle reicht es dann aber auch mit Anspielungen auf die Songtitel. Vor allem, da man bei genauerer Betrachtung der Texte auf „Die Jagd beginnt“ das Gefühl nicht loswird, dass CARACHO ihr Hauptaugenmerk eher auf rhythmische Elektro-Beats legen als auf wirklich hintergründige lyrische Ergüsse. Ob das nun als negativ zu bewerten ist, muss letztendlich jeder für sich entscheiden. Wer meint, dass sich ständig wiederholende Textzeilen wie „Eigentlich ist „eigentlich“ ja eigentlich ein Scheißwort!“ den Musikgenuss deutlich trüben könnten, der sollte vielleicht lieber zu etwas weniger lauten, dafür aber lyrisch besseren Acts wie SAMSAS TRAUM greifen.
Wer hingegen mit augenzwinkernden Floskeln und plumpen, aber witzigen Wortspielereien etwas anfangen kann und zudem tierisch auf abgefahrene Breakbeat-Attacken und sonstige elektronische Rhythmus-Variationen abgeht, der ist bei CARACHO definitiv an der richtigen Adresse. Man fühlt sich dabei natürlich automatisch an Formationen wie DEICHKIND oder FRITTENBUDE erinnert, aber das ist ja auch vollkommen in Ordnung. Ich vermute mal, dass genau das auch die Intention der humorvollen Fischköppe ist. Doch neben den Kindern vom Deich gibt es auf alle Fälle auch noch andere offensichtiliche Vorbilder für die harten Jungs von CARACHO. Da würden mir auf Anhieb zum Beispiel THE PRODIGY oder auch THE CHEMICAL BROTHERS einfallen. Denn sieht man mal von den zwar eher nebensächlichen, aber leider recht oft etwas zu sehr im Vordergrund stehenden Texten ab, dann könnten die ebenso einfallsreichen wie mitreißenden Beats, welche diese Worte untermalen, den großen Bigbeat-Veteranen tatsächlich das Wasser reichen. Und mit der Zeit lernt man auch, sich auf die Musik zu konzentrieren.
Das hat bei mir allerdings etwas gedauert. Beim ersten Durchlauf der Scheibe schwirrten mir noch sehr abwertende Assoziationen zu J.B.O. im Kopf herum. Nichts gegen die rockenden Blödelbarden, aber auf eine elektronische Version davon kann ich irgendwie doch recht gut verzichten. Mittlerweile jedoch höre ich „Die Jagd beginnt“ mit anderen Ohren. Zumindest der Mittwippfaktor, welcher nicht selten sogar zum regelrechten Bewegungszwang mutiert, ist überwiegend doch recht ausgeprägt und irgendwann ertappt man sich sogar beim Mitsingen einiger besonders penetranten Textpassagen. Also so schlecht, wie man aufgrund meiner doch eher negativ angehauchten Bemerkungen bisher annehmen könnte, sind die Texte dann doch nicht. Sie wirken nur halt etwas aufgesetzt teilweise. Ich bin mir ziemlich sicher, dass zuerst die elektronischen Komponenten zusammengeschustert wurden, welche das Trio aus dem kühlen Norden dann im Nachhinein mit spärlichen Lyrics versehen hat, um die humoristische Seite der Band hervorzuheben. Dies wird zudem durch die Kostümierung mit Bärten und Perücken erreicht.
Doch vom lächerlichen Äußeren sollte man sich nicht abschrecken lassen. Die Jungs von CARACHO haben tatsächlich so einiges auf dem Kasten. Der meistens gut drückende Bass variiert angenehmerweise von Titel zu Titel und erzeugt so die unterschiedlichsten Beats. Simple, geradlinige Basslines sucht man auf „Die Jagd beginnt“ vergebens. Dazu gesellen sich viele interessante elektronische Spielereien und auch die eine oder andere gesampelte Gitarre darf natürlich nicht fehlen. Insgesamt ist die Platte recht gut tanzbar und Langeweile kommt eher selten auf. Getreu dem Motto „Nicht gut aber laut“ wurde das Ganze dann noch in ein fettes Soundgewand gepresst. Und doch fehlt irgendwie noch das gewisse Etwas...
Stil (Spielzeit): Elektro (44:47)
Label/Vertrieb (VÖ): One Eyed Charlie (14.01.11)
Bewertung: 6 / 10