Stil (Spielzeit): Electronic FeMetal (44:11)
Label/Vertrieb (VÖ): Roadrunner (4.4.2008)
Bewertung: Unbeschreiblich weiblich! (6/10)
Link: www.uebermutter.net
"Denn am Anfang war das Weib!"... und in der Mitte... und am Ende auch. Die holde Weiblichkeit in all ihren düsteren Facetten ist das Thema von "Unheil", dem ersten Album von ÜEBERMUTTER. Folgerichtig (und augenzwinkernd) nennt man den eigenen Stil dann auch FeMetal. Und das kann man getrost so stehenlassen.
Wobei Ängste, man hätte hier rosarote Kaugummi-Wölkchen mit Kirschgeschmack auf Platte gepackt, unbegründet sind. Nein, hier gibts keine giggelnden H&M-Schicksen, sondern echte "Weibsbilder". Doppelt erstaunlich, wenn man sich die Dame hinter ÜEBERMUTTER näher betrachtet. Musikalisch wie optisch war es nämlich ein langer Weg, den Frontfrau Luci van Org da in den letzten 15 Jahren beschritten hat: vom Vorzeige-Pop-Girly mit blonden Dreadlocks, daß mit "Mädchen" 1993 auf sich aufmerksam machte, zur dunkelhaarigen, Ledercorsage und Uniform tragenden ÜEBERMUTTER anno 2008, die uns auf "Unheil" zeigt, wie die weibliche Seite des Metal abseits aller Gothic-Träller-Elsen auch noch aussehen kann. Aber der Weg hat sich gelohnt, auch wenn die unheilige Kost sicher nicht für jeden einfach zu verdauen ist - das Album braucht seine Zeit, vor allem die tiefgründigen Texte.
Und auch wenn die Scheibe vordergründig mit aller Deutlichkeit "Neue Deutsche Härte" zu schreien scheint - "Unheil" ist weit mehr als eine RAMMSTEIN oder OOMPH!-Kopie mit Frontfrau. Zwar gibt es Stakkato-Riffs en masse, aber zusammen mit den geschickt platzierten Synthi-Elementen und den durchgehend sehr lyrischen Texten, die hier und da einen Hauch von SUBWAY TO SALLY atmen, haben Luci von Org und Co. hier eine sehr individuelle Art von Musik erschaffen. Die Stimme, welche ein wenig nach NINA HAGEN und in den ruhigeren Passagen sogar nach MARLENE DIETRICH klingt, passt wie die Faust auf's Auge zu den elf Songs. Stilistisch bewegt sich das Album zwischen langsamen, balladesken Stücken ("Wein mir ein Meer", "Ruhe sanft") und Midtempo-Stampfern ("Am Anfang war das Weib", "Krieg"). So richtig schnell wirds nie, was aber nicht negativ auffällt.
Fazit: Das Zusammenspiel von Außendarstellung der Band, musikalischem Inhalt und Lyrics hat hier ein durchaus interessantes Projekt geschaffen, auch wenn Frau van Org sicherlich einen steinigen Weg gehen wird, bevor sie in der Metal-Szene wirklich ernst genommen wird. Man kriegt eben das ehemalige Girlie nicht so schnell aus dem Metallerkopf, wie man es in Lederklamotten steckt. Gespannt auf weitere Outputs aus dem Hause ÜEBERMUTTER bin ich allerdings durchaus.
Anspieltipps: "Heim und Herd", "Gebärmaschine", "Wein mir ein Meer"