Geschrieben von 2ax Dienstag, 28 August 2007 12:33
Phillip Boa & The Voodooclub - Faking To Blend In
Stil: Electro Rock
Label/Vertrieb (VÖ): Motor Music (03.08.07)
Bewertung: 6/10
Link: www.phillipboa.com
So liebe Kinder, gebt fein acht: Es begab sich zu der Zeit, als der Vater von Georg Bush noch Präsident der Vereinigten Staaten war, Michael Gorbatschow noch die Sowjetunion beherrschte und Helmut Kohl den Deutschen Kanzler gab. In diesen Jahren wurde Philip Boa der ungekrönte König von Scheißegalien. Für fast zehn Jahre regierte der deutsche „Indie Papst“ sein Land und beglückte seine Fans mit Musik, seine Kritiker mit Missachtung und die Presse mit Verachtung. Damals war Boa heißer als Frittenfett und arbeitete mit internationalen Produzentenstars wie Tony Visconti (T-REX, THIN LIZZY) zusammen. Sogar zwei Matellalben nahm Boa unter dem Pseudonym VOODOCULT auf. Mit dabei waren damals Recken wie Dave Lombardo oder Mille Petrozza. Trotz aller Pose war Boas Ziel immer eindeutig: er wollte ein deutscher Bowie werden. Das misslang.
Obwohl Boa mit „Hair“ und „Helios“ hervoragende Longplayer veröffentlichte und mit „Container Love“ sogar einen echten „fast Hit“ schrieb, kam er doch nie über Talent-Status hinaus. Jahr um Jahr warteten Fan, Kritiker und Chartanalysten auf den großen Durchbruch. Heute ist klar: der konnte gar nicht kommen. Boas Songs werden nie Mainstream. Das „sympathische Arschloch“ wird sich nie derart anpassen, dass er wirklich radiokompatibel wird. Trotzdem ist auch klar: Der Indie-Cowboy hat noch ein paar Patronen im Gürtel. Eine oder sogar mehrer große Platten sind noch drin.
„Faking To Blend In” wird es jedoch nicht werden. Diesmal Produzierte Tobias Siebert alle Stücken und spielte fast alle Gitarren. Hauptberuflich ist Siebert Mastermind von KLEZ.E. Der Berliner legte sich mächtig ins Zeug und sorgt so für klassisches Voodooclup-Werk. Wie immer sind die Refrains zuckersüß und wunderschön und hinterlassen ein so herrlich warmes Gefühl im Bauch. Das war 1987 schon so und wird wahrscheinlich in hundert Jahren noch so sein. Das ist das große Können von Boa. Viele Breaks, viele Instrumente, schlechte Zeilen und tolle Zucker-Refrains. Bei Boa geht es auch diesmal wieder um die Stilbrüche, aus denen jeder Song seine ganz eigene Spannung bezieht. Egal ob auf Stücken wie "You Hurt Me" gerockt wird, THE CURE bei "In Todays Parties" grüßen oder "Drinking An Belonging To The Sea" wie ein Syntie-Cover eines MAXIMO PARK-Songs klingt.
Leider fehlt „Faking To Blend In“ ein Hit, ein Killertrack, der aus einem guten Album einen Klassiker macht. Doch für Boa gilt mehr denn als für jeden anderen deutschen Musiker das Motto von Christoph Schlingensief: Scheitern als Chance.